1834 -
Königsberg
: Bornträger
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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waren Filze mit Goldtuch für die Gaste zum Sitzen ausgebreitet.
Die Thüren waren mit Vorhängen von Goldtuch ober rcichge-
stickter Seide behängt, und die Gauerieen rnnd um die oberen
Theile des Zimmers mit persischen Gemälden eingeschlossen. In
verschiedenen Theilen des Zimmers waren Spiegel angebracht.
Längs der Mitte desselben war eine Reihe von Lichtern, dicke,
bunte Wachskerzen mit Blumengewinden wechselten mit künst-
lichen Bäumen ab, deren Blätter, Trauben und Früchte von
Wachs waren. Auch war eine Reihe von Stühlen zu unsrer
Bequemlichkeit hingestellt. Bald nachdem wir uns gesetzt hatten,
wurden Schüsseln mit Süßigkeiten herumgereicht. Hierauf sing
ein Tanz von Frauen an, und im Hofe ward ein Feuerwerk
abgebrannt. Thee wurde in porzellanenen Tassen umhergegeben,
vhne Milch. Ais wir zum Essen gerufen wurden, hörte der
Tanz auf. Wir fetzten uns auf den Boden zum Essen nieder,
das in Gefäßen mit Deckeln, die mit weißen Tüchern umwunden
und mit Decken aus Goldtuch verhüllt waren, vor uns gesetzt
wurde. Die Gerichte waren auf persische Art von allen mög-
lichen Farben und mit vielen Gold- und Silberblättern geschmückt.
Sie bestanden aus allen Arten von gebratenem, gekochtem
und gebackenem Fleisch, Pillaus und Ragouts. Sonderbar
war es, daß die Bedienten die Lichter mit einer Scheere in
eine Theetasse putzten, und andere das Fleisch mit einem Fe-
dermesser zerlegten, es dann in Stücke rissen, und mit ihren
Händen auf unsere Teller legten; doch wuschen sie sich vorher
die Hände dazu, und streiften die Aermel auf. Dies Fest war
mehr glänzend als angenehm. Weit mehr nach unserm Ge-
schmacke war ein anderes, das uns in einem Garten gegeben
wurde. Dieser bestand aus einem großen ummauerten Viereck,
von breiten Gangen, die mit Platanen und Cypressen bepflanzt
waren, durchschnitten. Auf den Beeten waren unzählige Pfir-
sich-, Pflaumen-, Aepfel-, Birnen-, Granat-, Quitten- und
Maulbeerbäume in voller Blüthe, so daß der Anblick des Gar-
tens wahrhaft reizend war. Die Düste waren bezaubernd, und
der Gesang der Vögel vollendete den Eindruck des Ganzen. In
dem Garten waren Zelte aufgeschlagen, und eins besonders, da,
wo die Gänge sich kreuzten, machte einen sehr angenehmen
Eindruck. Das Dach war grün und roth; die Wände bestan-
den aus einem durchbrochenen Gitter, alles war hell und zier-
lich. Nach einem langen Spatziergange setzten wir uns unter
einem Baume nieder, horchten auf die Vögel, und sprachen mit
dem Sohne unseres Wirths über Kabul, wovon er eine ent-
zückende Schilderung machte. Als wir zu dem Zelte gingen,
fanden wir den Wirth und mehrere Mullahs (Geistliche). Alle
waren unerschöpflich im Lobe von Kabul und ihres Landes.