1834 -
Königsberg
: Bornträger
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Word er In dien.
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2 D i e Präsidentschaft Bombay.
Sie befindet sich im westlichen Dekan (der eigentlichen, süd-
lichen Halbinsel) und in dem westlichen Theile von Hindostan.
Die große Stadt.
Surate liegt an der Westküste, der Küste Malabar, und har
über eine halbe Million Einwohner. Ihre Bauart ist wie die
aller Städte Indiens. Sie treibt einen ausgebreiteten Handel.
Eine einzige Anstalt ihrer Art ist das Hospital für kranke und
alte Thiere. Die Hindu haben eine große Vorliebe für Thiere,
und sorgen daher für sie wie für Menschen; aber nicht allein für
Hausthiere, sondern für Thiere jeder Art. Ein Reisender sah z.
B. eine große Schildkröte, die hier schon über 70 Jahre verpflegt
wurde. Das merkwürdigste Zimmer ist hier das für Flöhe, Wan-
zen und Läuse. Mancher fromme Hindu kauft Leuten, die ihr
Vieh schlecht behandeln, dasselbe ab, um ihm hier ein ruhigeres Le-
den zu verschaffen. Etwas südlicher liegt
Bombay (Bombä) auf einer kleinen, ganz flachen Insel, die
Hauptstadt der Präsidentschaft, und die Residenz des Gouverneurs.
Sie ist lange nicht so groß wie Surate, noch weniger wie Kal-
kutta; denn sie hat nur etwa 170,000 Einwohner. Sie besteht,
aus 2 Städten: 1. der Festung, in welcher der Pallast des Gou-
verneurs und eine Menge öffentlicher und Privatgebäude stehen!
2. der schwarzen Stadt. Zwischen beiden ist ein Platz, die Espla-
nade. Die schwarze Stadt ist ziemlich gut, aber eng gebaut. Die
offenes Gebäude, das auf Säulen von weißem Marmor ruht, und das Ganze
ist sehr zierlich mit ausgelegter Arbeit geschmückt und vergoldet. Die ge-
wölbte Kuppel soll in den bessern Tagen des mongolischen Reichs inwendig
mst Silber belegt gewesen, aber von den Maratten ausgeplündert worden
seyn. An dem Gebälke umher sieht man noch die Inschrift: „wenn es ein
Paradies auf Erden giebt, so ist cs dieses." Der Thron, welcher in der
Mitte des Gebäudes steht, ist etwa 3 Fuß über der Erde erhaben und mit
einem Baldachin von Goldstoff und kleinen Perlen verziert. Vorn am Thron
sind keine Stufen angebracht; der Aufgang ist an der Hinterseite. „Wir
fanden," sagt ein Engländer, „den jetzigen Repräsentanten des Großmoguls
mit kreuzweis untergeschlagenen Beinen und auf Kiffen ruhend auf dem
Throne sitzend. Der alte Monarch, dessen weißer Bart bis auf diebrust hin-
abreichte, würdigte, seines Ranges eingedenk, den Oberbefehlshaber, als die-
ser sich ihm näherte, um ihm sein Huldigungsgeschenk darzubringen, kaum ei-
nes Blicks; ja er erhob nicht einmal die Augen auf dessen übrige Begleiter,
als wir einzeln vortraten, ihn begrüßten, und unsere Gelchmke darbrachten.
Während der Lord sein Geschenk übergab, setzte der Monarch ihm einen Turban,
dem seinigen ähnlich, auf den Kopf, worauf der Lord, das Gesicht sorgfältig
nach dem Throne gewandt nach einem andern Gemache geführt wurde, um
mit dem Ehrenkleide angethan zu werden. In etwa 5 Minuten kehrte er zu
uns zurück, mit einem mit Spangen versehenen Musselin-Gewände und Un-
terkleide angethan, begrüßte den Monarchen, und brachte ein zweites Ge-
schenk. Dies war eine schöne Zubuße für den verarmten alten Sultan, der
nur 840,000 Thlr. jährliche Einkünfte hat, während die Einkünfte seines
Ahns ungefähr 364 Mill. Thaler betrugen.
Nösselt's Geographie. 2te Aufl. Iii.
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