1834 -
Königsberg
: Bornträger
- Autor: Nösselt, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Töchterschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Westindirn
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schwelgerisch lebten, die Sklaven mit großer Härte behandelten,
und sich vor Stolz gegen die Neger und Mulatten nicht zu
lassen wußten. Am ärgsten mar dieser Unfug im französischen
Antheile. Da machten wahrend der französischen Revolution
die damaligen Machthaber in Paris die sogenannten Menschen-
rechte bekannt, nach welchen keine Sclaverei mehr statt finden,
und Alle einander gleich sein sollten. Schnell erhoben sich 1792
die Mulalten auf Hayti, und verlangten gleiche Rechte mit den
Weißen, und da diese aus Stolz und Eigennutz dies verweiger-
ten, so machten die Mulatten mit den Negern gemeinschaftliche
Sache, griffen zu den Waffen, empörten sich, und sielen über die
Weißen her. Eine gegen eine Heerde losgelassene Rotte von
Tigern kann nicht so wüthen wie die Negersklaven, nachdem sie
ihre Ketten zerbrochen hatten, gegen ihre bisherigen Zwinger.
Sie rödteten die, welche in ihre Hände sielen, mit den ausge-
suchtesten Martern, und diejenigen waren die glücklichsten, denen
es gelang, mit Zurücklassung alles des Ihrigen aus der Insel
zu entfliehen. (Ueber die weitern Ereignisse beziehen wir uns
auf das, was wir im 3ten Theile unserer Weltgeschichte für
Töchterschulen, 4fe Aufl., S. 409, gesagt haben). Auch der
spanische Antheil kam in den Besitz der Neger und Mulatten,
und so ist die Insel jetzt eine unabhängige Republik, an deren
Spitze der Mulatte Boy er als Präsident steht. Der Weißen
giebt es jetzt nur wenige auf der Insel; es sind nur solche,
welche sich wahrend der jetzigen Regierung des Handels wegen
da niedergelassen haben. Alle übrigen Einwohner sind Mulat-
ten und Neger. Jene werden im Ganzen als vornehmer betrach-
tet, und bekleiden die Aemter. Alle Sklaverei ist abgeschafft;
alle Einwohner sind vor dem Gesetze gleich, und es gellen nur
die Unterschiede der Stände wie in Europa.
Eine zweite sonderbare Erscheinung ist, daß diese ehemaligen
Afrikaner eine französische Bildung haben, und eine Lebensart
führen, die mit der französischen ziemlich übereinkommt. Diesel-
den Menschen, die sonst nackt' einhergingen, und unter den Peit-
schenhieben ihrer Aufseher arbeiten mußten, find jetzt theils Acker-
bauer, theils Handwerker, theils Staatsbeamte, und kleiden sich
wie die Franzosen. Denn von ihren ehemaligen Herren haben
sie die Sprache, die Religion und die Sitten angenommen. Eine
besondere Vorliebe haben sie für weiße Zeuge, und es sieht son-
derbar genug aus, wenn aus einem weißen Musselin- oder At-
laskleide der schwarze Hals und Kopf einer haitischen Dame her-
vorsehen. Viele sind recht wohlhabend, ja reich geworden, und
treiben einen großen Luxus. Es giebt Leute, die ein großes
Haus machen, und deren Frauen 100 ostindische Shawls und
30- 40 feine Kleider besitzen, und da viele europäische Schiffe