1830 -
Hannover
: Hahn
- Autor: Volger, Wilhelm Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Landschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Landschule, Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde
§. Z6. Ostindien. Border Indien. 99
kekt, als Kraft und Anstrengung gehören, scheuet der Hindu und auch
zum Krieger ist er im Ganzen daher untauglich, da er den Strapatzen
eines Marsches bald unterliegt, und keinem Indischen Soldaten darf so
viel Gepäck zu tragen zugemuthet werden, als einem Europäischen. Das
geehrtcste Gewerbe ist die Weberei und darin sind die Hindus Meister;
außerdem verfertigen sie auch schöne Waaren aus Gold, Edelsteinen,
Schildpatt und Perlmutter. Sie übertreffen die Europäer in der Färbe-
rei und wissen den Zeugen so dauerhafte Farben zu geben, daß sie nie
verschießen. Die Gelenkigkeit der Hindus wird noch durch eine ungemei-
ne Gelehrigkeit unterstützt, vermittelst welcher sie ihnen sonst ganz unbe,
kannte Arbeiten mit der größten Genauigkeit nachahmen können. Nur
Schade, daß dieses Volk so wenig von den Europäern annehmen will,
weil es zu sehr an den Sitten und Gewohnheiten seiner Vorfahren
hangt. Noch muß ich hier eine Geschicklichkeit dieser Nation erwähnen:
auf der ganzen Erde giebt es keine so geschickte Taschenspieler, und bei
den Gaukeleien eines Indischen Seiltänzers stehen dem Zuschauer die Haare
zu Berge, ohne daß man je von einem Unglücke dabei gehört hätte.
8. 56. In dem Charakter der Hindus liegt die höchste Geduld. Sie
sind fast ohne alle Leidenschaften; ausgenommen, wo cs die Ehre ihrer
Kaste gilt, auf welche sie hartnäckig halten. Ruhig bei Krankheiten,
Verlusten, Unglücksfallcn und Bedrückungen, bleiben sie sich auch bei
den freudigsten Begebenheiten gleich. Mord, Verschwörung und Blut,
rache sind ihnen unbekannt; Diebstahl üben sie unter sich nie; ihre Hau-
ser stehen daher stets offen und unbewacht, und vor Blutvergießen schau,
dern sie zurück. Dabei sind sie äußerst gastfrei, nur nicht gegen Euro,
päer, die sie als Unreine hassen. Diese Gutmütigkeit und Geduld
prägt ihnen ihre Religion ein und beide Tugenden sind zum allgemeinen
Charakter der Nation geworden. Nur die Kriegerstamme, Maratten,
Seiks (Sihks) u. a. m. zeichnen sich durch Raubsucht und Hinterlist
aus, Und einige Bergvölker die Goairds, pindarries U. a. sind halb
oder ganz wild, wahre Räubervölker. Die Religion der Hindus ist eine
ganz eigene, die Braminische. Sie lehrt ein allmächtiges Wesen, als
Herrn aller Dinge, Brama genannt, jedoch in dreifacher Person, als
Brama (Schöpfer), wischntt (Erhalter), und Schiwen (Zerstörer der
Welt). Außerdem verehrt man aber noch mehr als tausend Untergott,
heitcn. Alle diese Götter haben nach der Indischen Religionslehre einst
auf Erden gelebt und sich durch große Thaten ausgezeichnet und die hei-
ligen Schriften der Hindus, die wedams, sind voll von zum Theil der
lächerlichsten Erzählungen von ihnen, die aber dennoch einen ernsten
Sinn haben; so wie auch die Götter zum Theil als wahre Mißgeburten
und Ungeheuer abgebildet Und in den Tempeln verehrt werden, was
Uns freilich höchst anstößig erscheint, dem Hindu es aber nicht ist, weil
die Gestalt dieser Götterbilder gewöhnlich nur ihre Eigenschaften vcrstnn--
lichen soll. Die Braminische Religion ist sattst, wie der Hindu selbst,
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