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1. Das Mittelalter - S. 136

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
136 Vii. Das Leben der Reichsstadt. In feierlicher Prozession zogen die Mitspieler durch die Stadt. Hinter bannertragenden Herolden schritt Gott Vater einher mit seinem Engelgefolge. Dem Beherrscher des Himmels folgte Lnzifer, der König der Hlle, mit seinen Teufeln; dann kamen wohl Herodes und Pilatus mit ihren Mannen. Die zweite Abteilung fhrte Jesus mit seinen Jngern an. Unter den Personen stolzierte auch der Hahn der Versuchung, ein wohl in einen Truthahnleib gesteckter kleiner Bursche. Auf dem Ma r ktp l atz sah man die Bhne. Sie war so eingerichtet, da jeder von allen Seiten das Spiel auf ihr verfolgen konnte. An einer Gasse standen zwei Reihen Huser, natrlich nur an-gedeutet durch Pfosten, Banner und Inschriften; das waren die Wohnungen der auftretenden Personen. Hier nahmen sie Platz und warteten, bis die Reihe an sie kam. Am einen Ende stand erhht der Thron, auf dem Gott Vater mit seinen Engeln wohnte: am Fue dieses Thrones hatte Christus seinen Ort"; Engel stiegen die Leiter herab und sagten ihm die Botschaften des Vaters ins Ohr. Am andern Ende der Gasse drohten aus dem Hllen-rchen die Teufel. Hier durfte sie der Brger einmal leibhaftig aus der Nhe betrachten, konnte mit eignen Augen schauen, wie sie die Menschen zum Bsen verfhrten; denn Lnzifer gab ja Judas sichtbar durch Zuflstern den bsen Verrat ein. Mit Grauen und doch auch mit Genugtuung konnte dann jeder auch sehen, wie die Seele des Verrters in Gestalt eines schwarzen Vogels scheinbar aus seinem Munde, in Wahrheit aus seinem Gewnde hervorgezogen wurde. Alles, was da vor sich ging, erschien den Zuschauern als Wirk-lichkeit; wie die Kinder nahmen sie Partei und verabscheuten die Teufel und die von ihnen verfhrten Bsewichter. Natrlich traten die Spieler in den Kostmen ihrer Zeit auf. Wir haben darum von diesen Spielen viele Abbildungen; denn die Maler jener Zeit stellten einfach das dar, was sie auf den Bhnen zu sehen bekamen. In dem bayerischen Dorfe Oberammergau haben sich solche Passions-spiele bis auf den heutigen Tag erhalten. 6. Die Bildung. Ein lebhafter Bildungstrieb hatte die Brger ergriffen. Die Bettigung in Handel und Gewerbe brachte es schon mit sich, da die Kunst des Lesens und Schreibens nicht nur in den Patrizier-, sondern auch in den Handwerkerkreisen als selbstver-stndlich galt, auch bei den Frauen. Die Obrigkeit jedoch tat gar nichts fr die Schulbildung; die war vielmehr Privatsache. Vor allen Dingen pflegte sie die Geistlichkeit in den Stifts- und Kloster-schulen. Es gab aber auch Privatlehrer, sogar schon Privatlehrerinnen,
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