1858 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Schurig, Gottlob, Bock, Eduard
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Dortmund und die heilige Feme. — Die Soester Fehde.
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gerichte sprachen nach gründlicherer Untersuchung Recht und wußten
ihrem Urtheilsspruche Nachdruck zu verschaffen; die Femgerichte da-
gegen, die in gesetzloser Zeit ein Schrecken der Frevle^gewesen waren,
ließen sich selber mancherlei Unrecht zu schulden kommen, mußten
daher gezwungen entweder aushören, oder bestanden unter dem Na-
men Wrögegerichte in Westphalen noch bis in die neuere Zeit fort,
hatten aber nur kleinere Vergehen gegen die bürgerliche Ordnung zu
„rügen," wie man es nannte.
6. Die Socster Fehde.
(1447—1449.)
1. Die älteste Stadt in Westphalen ist sicherlich Soest; schon
der deutsche König Heinrich der Finkler soll 930 den Ort befestigt
und die dortige Burg bewohnt haben. Sie war zugleich die Vor-
sprecherin aller westphälischen Städte. Sie erlangte viele Rechte und
Freiheiten und verstand es, dieselben unangetastet zu wahren. Das
wurde Graf Dietrich von Moers, Kurfürst-Erzbischof von Cöln und
Paderborn, im 15. Jahrhundert inne. Der brauchte, als ein pracht-
und kriegsliebender Herr, viel und gedachte solches durch eine Schatzung
seiner Lande zu erlangen. Aber er kam bei den Westphalen schlecht
an; die verjagten seine Schreiber und baten den fürsichtigen Rath
der ehrenreichen Stadt Soest, daß er den Streit der Städte mit
dem Fürsten schlichte, wie er schon öfter gethan. Da wollte der Erz-
bischof die Soester bestechen, aber sie waren dazu zu ehrlich. Nun
hetzte er die benachbarten Städte und Fürsten auf, daß sie in das
Gebiet der Stadt einfielen. Er schickte als oberster Stuhlherr in
Westphalen drei Freischöffen nach Soest und ließ dort verkündigen,
es solle kein Recht und Gericht mehr in Soest sein, und die Bürger
sollten wieder von allem Gut den Zehnten an die Geistlichkeit geben.
Da beschlossen diese, Leib und Leben für ihr Recht zu wagen und schrieben
dem Erzbischofden merkwürdigen Absagebrief, der also lautet: „Wettet
biscop Dierich van Moers, dat wy den vesten junker Johan van Cleve
lever hebbet als juwe, unde werd juwe hiemet abgesagt." Dat. Soest,
a. d. 1444. Nun begann die berühmte Soester Fehde, durch welche
Westphalen auf das Schrecklichste verwüstet und in welche bald alle
Herren und Städte den Landes verwickelt wurden. Johann von
Cleve war es, der den Soestern den kräftigsten Beistand lieh und
den sie zu ihrem Schutzherrn erwählten. Der Kurfürst legte sich mit
großer Macht vor die Stadt, mußte aber abziehen, und in einem
Haupttreffen auf Simon-Judä-Tag 1446 siegten die Bürger. End-
lich aber mochte den muthigen Bürgern doch Angst werden, als der
Kurfürst mit 80,000 Streitern gegen sie zu Felde zog, darunter
Herzog Wilhelm von Sachsen war mit 26,000 der wildesten böh-
mischen Söldner, die mehr Thieren als Menschen ähnlich sahen.
2. Nachdem der Erzbischof einen großen Theil Westfalens,
das Lippesche und das linke Weserufer hatte furchtbar verheeren lassen,