1858 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Schurig, Gottlob, Bock, Eduard
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Brandenburg, Hohenzollern, Pommern, Posen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Wie es in der Provinz Preußen ausfieht.
Schon, wenn man noch meilenweit von Königsberg entfernt
ist, sieht man sowohl von der Land- wie von der Wafferseite her die
weitläufige Hauptstadt Ostpreußens. Hausgiebel, Kirchdächer und
Spitzen hochragender Thürme blicken zwischen grünen Gärten, schat-
tigen Linden und breiten Kastanien hervor. Königsberg bedeckt mit
seinen 3 Stadttheilen, 4 größer« und 14 kleinern Vorstädten einen
Raum von 2 Meilen. Es hat 4000 Häuser, 2000 Speicher und
21 Kirchen; zwischen diesen und den neuen Festungswerken, welche
die Stadt einschließen, breiten sich schattige Gärten mit hochstämmigen
Ulmen, grüne Wiesen, Gemüsegärten und Ackerfelder aus. Ueber die
Bürgerhäuser erbebt sich stolz das mächtige Viereck des Schlosses,
welches die Herzöge von Preußen bewohnten; neben ihm steht die
hohe Schloßkirche, in welcher Friedrich I. am 1. Januar 1701 sich
die Königskrone aufs Haupt setzte.
Ein reges Leben herrscht im Hafen! Die großen Seeschiffe blei-
den allerdings in Pillau, weil für sie das Wasser nicht mehr tief
genug ist; in kleinern Fahrzeugen, den Bordingen, senden sie ihre
Ladung zur Stadt, aber dennoch kommen Zweimaster aus Holland,
Dänemark, Schweden, England, sa selbst aus Amerika bis
in den Hafen hinein. — Das blanke Hafenstädtchen Pillau liegt
auf einer schmalen Landzunge an der Stelle, wo das frische Haff
in die Ostsee fließt. Seine Häuser sind sauber und mit dunkler
Oelfarbe angestrichen. Gewaltige Kanonen sind auf den Festungs-
wällen aufgepflanzt, und ein frischer Buchenwald liegt in der Nähe
der Stadt. In dem Hafen kommen und gehen große Dreimaster,
auf denen die fremden Gesichter der Matrosen die Aufmerksamkeit
erregen.
Wer auf der frischen Nehrung den Weg von Danzig nach
Pillau einschlägt, findet zwar an manchen Stellen Waldungen von
Erlen und Kiefern, aber Ortschaften nur sehr wenige und kleine.
Der Weg ist sehr beschwerlich und kann bei Stürmen, welche die
Wellen aufs Land treiben, und durch Triebsand sehr gefährlich werden.
Er bietet aber die Aussicht auf zwei große Wasserbecken, das tobende
Meer und den Spiegel des frischen Haffs. An dem gegenüberlie-
genden Gestade desselben steigen die bewaldeten Höhen von Elbing
empor, ferner der Domberg, auf welchem die schöne Domkirche
von Frauenburg steht. Zu seinen Füßen liegt die Stadt, die als
Aufenthaltsort des Kopernikus berühmt ist.
Anmuthige, mit Laubholz bewachsene Höhenzüge erheben sich an
dem Küstenstriche zwischen den beiden Haffs; es ist das sogenannte
Samland. Hier sind die Trümmer des ersten christlichen Gottes-
hauses in Preußen. Es soll an derselben Stelle erbaut worden sein,
wo Adalbert von Prag, der Apostel der Preußen, 927
den Märtyrertod fand, als er in die heiligen Wälder Samlands
eindrang, in denen die heidnischen Preußen ihren Götzen dienten.
Viele Burgruinen erinnern an die Zeit des deutschen Ritterordens.