1837 -
Sondershausen
: Eupel
- Autor: Günther, Friedrich August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Drittes Kapitel: Von der Atmosphäre. 161
steigt seine Geschwindigkeit nicht selten auf 100 bis 150 Fuß.
Solche Orkane gehören wegen der Zerstörungen, die sie anrich-
ten, zu den fürchterlichsten Schauspielen der Natur. Am ge-
fährlichsten sind sie auf dem Meere, wo sie nicht selten Schiffe
in den Abgrund versenken, oder an Klippen scheitern machen,
und auf den westindischen Inseln, wo sie oft in wenigen Se-
kunden Verheerungen anrichten, wie sie kaum das heftigste Erd-
beben zu bewirken vermag. Alle Pflanzungen werden von ih-
nen zerstört, Bäume mit der Wurzel ausgerissen, und menschliche
Wohnungen spurlos von der Erde vertilgt.
Eine Art periodisch wiederkehrender Orkane ist der Tornado oder
das Ochsenauge am Vorgebirge der guten Hoffnung und auf der
Küste von Guinea. In diesen Gegenden beginnt und endet die nasse
Jahreszeit mit solchen Tornado's d. h. heftigen Stürmen, die von Osten
her kommen, und, von Blitz und Regengüssen begleitet, zwar niemals
langer, als höchstens eine halbe Stunde mit gleicher Heftigkeit wüthen, aber
in dieser kurzen Zeit einen Kampf der Elemente verursachen, bei welchem
wohl das mulhigste Menschenherz ängstlich verzagen mag. Ehe der Tor-
nado sich erhebt, zeigt sich am östlichen Rande des Horizontes ein dunk-
les Wölkchen von der Größe einer Hand. Schwache Blitze durchzucken
die Luft, und ein dumpfes Rollen des Donners wird in weiter Ferne
gehört. Allmählich verdunkelt sich der östliche Himmel, der Donner wird
immer deutlicher vernommen, schneller und immer schneller folgen die
Schlage auf einander, und gänzliche Finsterniß lagert sich über die Erde.
Jetzt herrscht entweder eine ängstliche, erwartungsvolle Stille, oder ein
gelinder, kaum bemerkbarer Westwind erhebt sich. Endlich stürmt mit
allen seinen Schrecknissen, welche keine Sprache hinreichend zu schildern
vermag, der Tornado heulend und brausend aus den Wolken herab,
zerbricht Wälder wie schwaches Rohr, lhürmt Meereswellen gleich Ber-
gen empor, reißt Schiffe vom Anker, versenkt sie in den Abgrund, und
zerstört und vernichtet Alles, was ihm entgegensteht.
Auch der Typhon, welcher vom Juli bis zum September in den
Gewässern von China, Japan, Tunkin und Cochinchina wülhet, ist ein
in seinen Wirkungen nicht minder heftiger Orkan. Er entwickelt sich
ebenfalls aus einer Wolke, die unten (am Horizonte) dunkel, weiter hin-
auf feurig, und am obersten Ende blendend weiß erscheint, und ist von
Blitz, Donner und Regenstürmen begleitet. Das furchtbare Brausen
des Typhon schildert ein Seemann mit den Worten: „Wenn auf dem
Vordertheile des Schiffes 10,000 Trommeln gerührt und 10,000 Trom-
peten geblasen würden, so würde man, wenn der Typhon gerade seine
höchste Wuth äußert, auf dem Hintertheile des Schiffes nicht das Min-
deste davon vernehmen.ff
Wenn zwei Sturmwinde sich begegnen, und einander be-
kämpfen, was nicht selten bei Gewittern geschieht, so entstehen
die für die freilich kleineren Bezirke des Kampfplatzes nicht min-
Günther's allgem. Erdbeschreibung. 11