1861 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Woerl, Joseph Edmund
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Baden
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Zweifel an der Stelle, wo jetzt das Münster, stand, gleichwohl
fortgepflanzt, wurde aber in Costenz germanisirt, ein Name, der
bis zum Constanzer Concilium in Uebung war, worauf er sich all-
mählich wieder in Constanz verwandelte. Die Verzerrung dessel-
den in Costnitz ist wahrscheinlich durch die Böhmen veranlaßt
worden.
Grenzen, Wallbanten und Römerstraßen.
Das ganze von den Römern in Besitz genommene Land am
rechten Rheiufer wurde mit dem Namen agri decumates (das
Decumaten- oder Zehntland) bezeichnet. Das beim Einfall der
Römer von den Deutschen verlaffene Land wurde nämlich von den
neuen Gebietern an die römischen Veteranen und die mit ihnen
eingewanderten gallischen Ansiedler vertheilt, vermessen und in
Marken (marcba) decimirt, diese aber durch einen arbor termi-
nalis (deutsch: Zilboum) oder andere Gegenstände: Dornbüsche,
gehauene Steine, Felsenstücke, Krüge, steinerne Altäre, wofür das
Christenthum Kreuze aufpflanzte, bezeichnet.
Das römische Zehntland, wozu ganz Baden gehörte, war bis
Mitte des 4. Jahrh. durch den s. g. Pfahlhag (limes transrbe-
oavus) begrenzt. Dieser zog sich von Miltenberg am Main in
südlicher Richtung durch das Bauland zur Zart und nach Lorch
an der Rems hin, von wo er östlich in der Nähe von Dinkelsbühl
vorbei bis nach Kellheim an der Donau reichte.
Als die Römer allmählich verdrängt wurden, errichteten sie an
geeigneten Stellen neue Walllinien. Solche find in Baden von
Eppingen bis Kleingartach; der Landhag bei Säckingen. Endlich,
nachdem sie aus sämmtlichen Landstrichen rechts des Rheins ver-
trieben worden waren, wurde ein schon früher errichteter Erd-
wall *) erneuert, der, in Zwischenräumen von Castellen geschützt,
sich von Constanz auf der Schweizerseite der Hochstraße entlang
über den Römisberg, über Burg nach Castel und von da in's
Thurthal hinab über Pfin (ad fines, römische Grenzfeste) nach
Winterthur (Vitodurum) hinzog, wo wahrscheinlich der römische
dnx für die Strecke von Basel dis Constanz residirte, wie Mainz
der Sitz des Grenzherzogs für das westliche Rheinland war.
Römerstraßen. Auf Straßenbauten wurde von den Rö-
mern große Sorgfalt verwendet. Meilenzeiger bezeichnten ihre
Entfernungen in 30,000'. Reste solcher Straßen sind noch bis zum
heutigen Tage erhalten. Auch das deutsche Wort „Straße" kommt
von dem römischen via strata her (Heerstraße hieß strata milita-
ris, im Mittelalter Heristraza, woher auch Heriberga). Die viae
militares, zunächst für den Krieg bestimmt, waren in gewissen
Entfernungen von kleinen Castellen geschützt. Die Hauptstraßen
standen in gerader Verbindung mit Italien. So führte eine Rö-
merftraße vom Mittelrhein: von Speicr über Wiesloch, Sinsheim,
Brackenheim, Besigheim nach Cannstatt w. s. w. Eine andere
*) Hierauf bezieht sich die Inschrift des in Constanz noch vor-
handenen, früher an einer Mauer befestigten Römersteins.