1857 -
Leipzig
: Klinkhardt
- Autor: Berthelt, August, Jäkel, Julius, Petermann, Karl
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Selbstunterricht
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Erste Beobachtung. Was geschieht aber, wenn wir auf der
Anhöhe, auf der wir standen und von der ans wir unsere Horizontas-
flache überschauten, weiter wandern, etwa nach einer Höhe, die am
Horizonte unsere Aussicht hemmte? Indem wir wandern, werden ferne
Gegenden hinter uns verschwinden und vor uns andere auftauchen,
und wenn wir auf jener andern Höhe angekommen sind, wird eben
so wieder ein Theil der Erdflache sich um uns her ausbreiten, nur
theilwcise ein anderer, als auf unserem ersten Standpunkte. Und
wenn wir jetzt noch weiter reisten, und wenn wir auf der ganzen Erde
herumreisten, auf jedem Standpunkte wird sich dieselbe Erscheinung
wiederholen, nur daß freilich auf jedem Punkte unser Horizont wie-
der ein anderer ist.
Schon diese Beobachtung, die man auf Reisen zu machen Ge-
legenheit hat, überzeugt uns von der Unmöglichkeit, daß die ganze
Erde eine Scheibe sei. Wäre die Erde wirklich eine Scheibe, dann
müßte man auch überall, wenigstens von hohen Bergen aus, die ganze
Erde überschauen können. Hohe Berge, die hundert und mehr Mei-
len von uns entfernt wären, müßte man im Glanze der Sonne liegen
sehen. Nirgends auf der Erde hat man aber eine so weite Aussicht.*)
Woher kommt das? Wer kann sich denken, welche Gestalt die Erde
haben muß, damit überall, wir mögen stehen, wo wir wollen, ein
kleiner Theil der Erde wie eine Scheibe um uns herum liegt?
Zweite Beobachtung. Doch wir erinnern, um die wahre
Gestalt der Erde zu erforschen, noch an eine zweite Beobachtung, auf
welche vorhin schon hingewiesen worden ist. Wenn Jemand von uns
aus weiter nach Süden reist, so bekommt er Sterne zu sehen, die wir
bei uns nicht sehen. Diese Sterne tauchen vor ihm am Horizonte
auf, und er erblickt sie immer höher am Himmel, je weiter er reist.
Hinter ihm verschwinden dagegen immer mehr Sterne unter dem Ho-
dem scheinbaren Horizonte gedacht werden, heißen Höhen kr eise. Sie werden,
weil der Himmel als ein Gewölbe erscheint, um so kleiner, je weiter man sie
vom Horizonte entfernt denkt. Der Bogen eines Vertikalkreises zwischen einem
Punkte am Himmel und dem Horizonte heißt die sch e i n b a r e H ö h e dieses Punk-
tes. Ein Punkt im Horizonte hat Null Grad Höhe, der Scheitelpunkt 90 Grad»
— Am Horizonte unterscheidet man die sogenannten Weltgegenden: Ost, Süd,
West, Nord, deren mittelste Punkte Ost-, Süd-, West-, Nordpunkt genannt
werden. Der Punkt des Horizonts, in welchem die Sonne am 21. März
und 23. September aufgeht, ist der Ostpunkt; der, in welchem sie an diesen
Lagen untergeht, der Westpunkt. Verbindet man beide in Gedanken durch
eine gerade Linie und legt über dieselbe in unserem Standpunkte eine senkrechte
Linie (Mittagslinie), so zeigt diese einerseits nach dem Südpunkte, andererseits
nach dem Nordpunkte. — Zwischen den Hauptweltgegenden liegen be-
kanntlich die Nebenweltgegenden: Nord- und Südost, Süd- und Nord-
west; zwischen diesen und jenen die Neben-Nebenweltgegenden: Nord-Nordost,
Ost-Nordöst, Ost-Südost rc. Auf der Windrose findet eine Eintheilung des
Horizonts in 32 gleiche Theile statt.
') In einer Höhe von 50 Fuß beträgt der Halbmesser unseres Gesichts-
kreises, natürlich eine Fläche ohne Erhöhungen vorausgesetzt, etwa 2 Meilen,
bei 100 F. Höhe 2»/* M., bei 1000 F. 82/3 M., bei 10000 F. 27'/- M.. bei
20000 F. 384/s M. Je höher man steigt, einen desto größeren Theil der Erde
überschaut man. Auch dieser Umstand weist auf die wahre Gestalt der Erde hin.