1839 -
Reutlingen
: Mäcken
- Autor: Völter, Ludwig
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Mensch ist göttlicher Natur, er erkennt daher das als seine höchste
Aufgabe, das Göttliche in sein innerstes Leben aufzunehmen.
Das Weltbewußtsein soll sich zum Gottesbewußtsein ver
klaren, darin sich concentriren, so daß beide identisch werden und
die Welt nie in ihrer Abstraktion für sich, sondern immer in ihrer
Abhängigkeit von Gott, so wie in ihrer Einheit mit Ihm zum
Bewußtsein komme. In jeder Manifestation des menschlichen
Geistes, insonderheit in jeder Wissenschaft muß daher das Gottes-
bewußtsein das schaffende und bildende Grundprinzip sein und
in dieses, als ihre höchste Blüthe, ausgehen. Auch die Erdkunde,
so tief und fest sie unter sich wurzelt im irdischen Dasein, trägt
nach oben diese Blüthe.
Wohl vermag sie keinen selbständigen, positiven Inhalt der
Gotteserkenntniß zu gewähren; was die Natur dem Geiste geben
soll, muß dieser gewissermaßen schon mitbringen; sie hat nur für
den eine Sprache, der sie zu fragen versteht und jedes rechte
Fragen setzt ja die Antwort schon voraus. Sie ist eine Gottes-
Offenbarung, aber nur dem, welcher das jeder Menschenbrust
eingesenkte, vor Allem aber das in Christo geoffenbarte Gottes-
wort vernommen und erkannt hat; sie ist ein Spiegel, in welchem
nur das sehende Auge des Schöpfers Bild schaut, ein Vehikel, um
die inwohnende Gottesidee wirksam zu beleben und in ihren Ge-
stalten gleichsam zu concretisiren.
Die Erdkunde stellt uns in den reich bewegten Kreis des
Naturlebens hinein. Ueberall, wohin das Auge sich wendet,
ist Leben, eine stets neu sich gebärende Fülle von Lebensgestalten,
die aus dem verborgenen Quell des Lebens in die Welt der
Erscheinungen hervorquillt, ebenso reich an intensivem Gehalt,
wie an ertensivem Umfang. Auch der kleinste Punkt, der auf
den ersten Anblick kaum der Beachtung werth schien, das bescheidene
Gräslein, welches des Menschen Fuß gedankenlos zu Boden tritt,
wie die stolze Palme, drückt die Idee des Lebens in vollkommener
Form aus. Dieser nie ruhende, in stets gleicher Kräftigkeit und
Frische sich bewegende Lebensprozeß verkündet dem in seine Mitte