1. Bd. 1
- S. 133
1859 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
34. Italien in seinen allgemeinen Beziehungen zum Auslande. 133
von weißem oder grauem Tuche (bielatsch), einem rothen breiten Gür-
tel, kurzen blauen Pluderhosen, die unter den Knieen mit einer Schnur
zusammengebunden sind, wollenen, mit farbigem Band umwundenen
Strümpfen und aus verschiedenfarbigen Riemen geflochtenen Sandalen.
Eine dick-zottige Decke mit einer Kapuze hängt auf einer Achsel und
vertritt die Stelle des Mantels. So ging und geht der Tscherna-
gorze (Montenegriner), es mag Sonn- oder Werktag sein. Seinem
Portrait würde ein wichtiger Theil fehlen, wollte man die Waffen ver-
gessen, von denen er sich nie trennt. Sie sind: der Handschar, ein
scharfes, krummes, langes Messer von Stahl, zwei reich ausgelegte
Kubury (Pistolen), so wie andere kleine Mordwerkzeuge, die im Gür-
tel stecken, und die an einem Riemen hangende lange Lebareuiria
(Flinte) aus geschmiedetem Eisen und von der wundervollsten Arbeit.
Dazu kommt noch das lange Weichselrohr mit dem winzigen Pfeifen-
kopfe, ein kleines Beutelchen mit dem Fischekluk (der Amunition) und
die Diivan Kesa (der Tabaksbeutel). So wäre denn der Bergbewoh-
ner fertig, und Leuten dieses Schlages begegnet man allerwegen in den
Gebirgen des südlichen Dalmatiens und in der Gegend um Cattaro herum.
Die Tschernagorzen sind mit den Südslawen, d. h. mit den Ser-
den in Dalmatien, Bosnien, der Herzegowina und Albanien auf das
engste verbrüdert, und die Grundeigenthümer müssen unbestritten als
echte Südslawen betrachtet werden.
Inmitten der ganzen Länder und, so zu sagen, von ihnen umgeben,
liegt das freie Montenegro, unter gleicher geographischer Breite mit
Rom, Apulien und Corsika, und mit Stockholm, Danzig, Krakau und
Pesth unter demselben Längengrade. Der gegenwärtige Flächenraum
Montenegro's kann zur Zeit nicht genau angegeben werden; annähernd
beträgt er wohl an 200 Q.-Meilen, mit 100,000 Einwohnern, unter
denen sich 50,000 streitbare Männer befinden, die jeden Augenblick
ins Feld rücken können. Gleich ihren Nachbarn in Bosnien
und der Herzegowina sind die Montenegriner serbische
Slawen.
bb. Die italische Halbinsel.
34. Italien in seinen allgemeinen Beziehungen zum Äuslande.
(Nach H. Leo, Geschichte der italienischen Staaten.)
Italien zerfällt, wie der erste Blick auf die Karte des Landes zeigt,
in zwei wesentlich von einander verschiedene Hälften*), wovon die eine,
nördlich und nordöstlich vom Apennin gelegen, eine Gegend ist, welche
für jede Thätigkeit des gebildeteren Lebens Gelegenheit und Mittel
*) Napoleon nennt die nördliche Hälfte l'italie continentale; die südliche lg,
presqu'île.