1. Bd. 2
- S. 36
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
Markt für die Erzeugnisse des Nordens und Ostens von Ungarn:
Rindvieh, Pferde, Speck, Tabak, Wein, Wachs, Honig, Flachs u. s. w.;
und ein großer Theil der Kleinhändler Siebenbürgens versieht sich von
hier aus mit Colonial-Producten und den prangenden Waaren von
Wien. Nicht weniger als 25,000 der von mir belobten Bnndas wer-
den hier jährlich verfertigt und nach allen Theilen des Landes verschickt.
Die ächte ungarische Pfeife ist ein anderes Erzeugniß Debreczins; sie
stellt mit dem kurzen, dicken Rohre und langen, dünnen Kopfe eine gar
drollige Figur vor.
An dem einen Ende der übermäßig, zweimal so breiten Straße,
wie die breiteste in London, thürmt sich, mit den einstöckigen Häusern,
die zu beideu Seiten stehen, übel contrastirend, die reformirte Kirche
und das Gymnasium von Debreczin auf; denn Debreczin ist nicht nur
die Hauptstadt des Magyarismus, sondern auch des Calvinismus in
Ungarn. Die Protestanten Ungarns zerfallen in zwei Classen, in Lu-
theraner, die der Augsburgischen Confession anhangen, und in Rcfor-
mirte, die den Lehren Calvins folgen. Die ersteren werden besonders
im Norden und Osten Ungarns gefunden, und es sind unter ihnen viele
Deutsche und Slowaken; die letzteren sind fast alle Magyaren und
bewohnen hauptsächlich die Städte und Dörfer der Puszta.
145. Das Danat.
(Nach John Paget, Ungarn und Siebenbürgen.)
Das Banat ist ein Landstrich in der Südostecke von Ungarn,
zwischen der Theiß, dem Maros und der Donau. Es sind noch nicht
volle hundert Jahre, seit die Türken nicht mehr tut Besitz dieser Pro-
vinz sind, und erst gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts wurde
sie ganz frei von den Einfüllen der Moslemin. Diejenigen, die schon
eins der unter türkischer Botschaft stehenden Länder besucht haben, wer-
den sich leicht vorstellen können, in welchem wilden, rohen Zustande
diese schöne Provinz damals gewesen ist. Der menschenfreundliche Jo-
seph Ii. beschloß, sie eben so bevölkert und civilisirt zu machen, wie
das übrige Ungarn. Durch den flachen Boden eines großen Theils
der Oberfläche, und durch die Menge Flüsse, welche diese bewässern,
hatten sich unermeßliche Moräste gebildet, welche die Luft verpesteten.
Um Ansiedler herbeizulocken, wurde das Land zu äußerst mäßigen
Preisen verkauft, und Deutsche, Griechen, Türken, Serbier, Watachen,
ja, selbst Franzosen und Italiener kamen herbei, um diese üppige Wild-
niß zu bevölkern. Der schwarze, fette Lehmboden, bisher noch nie vom
Pfluge berührt, gab die reichsten Ernten. Viele wurden schnell wohl-
habend, und heutigen Tages gibt es noch Manche unter dem ungarischen
Adel, die vor einem halben Jahrhunderte als arme Abenteurer nach
dem Banat gekommen waren.