1. Bd. 2
- S. 41
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
148. Die Sachsen.
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mischen Lage der Cultur entgegengeführt wird. Der Walache ist na-
tionell und fast immer auch kirchlich gegen die ihn umgebenden Nationen
abgeschlossen, tritt mit ihnen seltener in nahe Berührung und vermischt
sich nicht mit ihnen, aus sich aber vermehrt er sich stark und nachhaltig
und entzieht seinen Nachbarn dadurch die Mittel ihrer Ausbreitung.
148. Vie Sachsen.
(Nach A. de Gerando, Siebenbürgen und seine Bewohner.)
Man kann den Charakter der verschiedenen Nationen, welche dieses
Land bewohnen, auf folgende Weise charakterisiren. Der Walache liebt
das für niaute, er erwirbt kaum das, was er braucht, um nicht zu
verhungern. Der Magyar ist nicht faul: er arbeitet tüchtig, um sich sein
und seiner Familie Auskommen zu sichern; aber sobald er sieht, daß
er das ganze Jahr mit Ehren auskommen kann, so ist er zufrieden,
und verlangt weiter nichts, denn er will sich nicht bereichern. Ziemlich
dasselbe ist es mit dem Szekler. Der Sachse begnügt sich damit noch
nicht: hat er das Nothwendige erlangt, so will er das Ueberflüssige
haben, und wenn er nur Gewinn zu hoffen hat und er seinen Fleiß
und seine Thätigkeit ausüben kann, so schrickt er vor 'keiner Thätig-
keit zurück.
Schon das Aeußere des Sachsen verräth nicht nur seine Ab-
stammung, sondern auch seine Sitten und seine Lebensweise. Es ist
nicht schwer, in diesen großen und starken, ein wenig schwerfälligen
Menschen, mit dem gutmüthigen, offenen Gesicht den Deutschen zu er-
kennen. An der Vollständigkeit seiner Kleidung erräth man auch leicht,
daß er Wohlstand zu erringen und zu schützen weiß. Seine großen
schwarzen Stiefeln, seine Tuchhosen, sein ledernes Kamisol, sein langer
weißer Ueberrock mit den schwarzen Börtchen, Alles ist im besten Zu-
stand. Er gleicht weniger einem Bauer, als einem reichen Bürger einer
kleinen schwäbischen Stadt.
Wenn in Siebenbürgen die Sachsen Deutsche geblieben sind, und
nur ihre Tracht verändert, also nur wenig fremdem Einfluß unterlegen
haben, so hat das seine besonderen Ursachen, die wir in wenig Worten
andeuten wollen. Erstlich gaben ihnen die Könige von Ungarn ein
besonderes Gebiet und gestatteten dort die freie Entwickelung ihrer
Institutionen, deren Keime sie mitgebracht hatten. Außerdem durften
die anderen Siebenbürgener keinen Grundbesitz auf dem Gebiet der
Sachsen haben, wogegen jeder Deutsche, der zuwanderte, sogleich Bür-
gerrecht bekam. Dadurch war gewissermaßen über Ungarn zwischen
Siebenbürgen und Deutschland eine Brücke geschlagen. Endlich trug
die Reformation noch dazu bei, den Sachsen einen neuen Charakter zu
geben: sie machte sie zu Lutheranern, während die übrigen Landesbewoh-
ner katholisch blieben, oder den Lehren Calvins anhingen. Der Bereinigung