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1. Bd. 2 - S. 70

1860 - Köln : DuMont-Schauberg
70 in. Länder- und Völkerkunde. A. Europa. 161. Charakteristik der einzelnen Landestheile und ihrer Bewohner. (Nach E. M. Arndt, Versuch in vergleichender Völkergeschichte.) Wir betrachten nun im Einzelnen und Besonderen die verschiedenen Bestandtheile der Böller und Völkerschaften, aus welchen das jetzige französische Volk erwachsen ist, von dem Süden anfangend und so Ost und Nord durchlaufend bis gegen Westen in einem weiten Bogen herumwandelnd. Zuerst finden wir im Südwesten zwischen der Gironde und Garonne die Landschaft Guienne und Gascogne. Da wohnen dem Haupt- inhalt nach Basken oder Aquitanier mit Gothen gemischt, ein lustiges, fröhliches und gewandtes Menschengeschlecht, das die besten französischen Weine zeugt und trinkt. Wenn man nach dem Charakter und Gemüthe der Menschen urtheilen soll, haben in diesen Landschaften die Basken wohl bei Weitem das Uebcrgewicht, das Frische, Leichte und Spielende; frei- lich sind sie doch sehr anders als die spanischen Basken, auf welche der altspanische und westgothisch-kastilische Ernst seinen unverkennbar mäch- tigen Einfluß geübt hat, wie hier das in Frankreich allen gemeinsame Französischwalsche. Es ist bekanntlich ein Hergebrachtes, daß der Nord- franzose über den Gascogner als über einen übernärrischen, Windbeuteligen Kerl lacht, eben ganz charakteristisch französisch lacht; denn der Nord- franzose bringt seine guten oder närrischen witzigen Einfälle, woran es dem Volke ja überhaupt nicht gebricht, mit einer gewissen bewußten Selbstergötzung und eitlen Selbstbespiegelung an den Mann, der Gas- cogner, der da die unbewußte Fülle der natürlichsten Lebendigkeit und Heiterkeit hat, öffnet dem ganzen Faß den Spund und kümmert sich nicht um die einzelnen Tropfen, die dabei in die Luft fliegen oder in den Staub fließen. Uebrigens ein durchaus gutherziges und liebenswür- diges Menschengeschlecht. Wir kommen zu dem reizenden Languedoc mit den großen Städten Toulouse, Narbonne, Montpellier, Nismes, Beaucaire, zu der Landschaft, wo der König der Westgotheu in Toulouse seinen ersten Sitz hatte, wo die letzten Westgothen in Frankreich zusammengedrängt wurden, zu dem französischen Gothien des Mittelalters. In dieser Landschaft, darf man annehmen, ist der gallische oder gallischaquitanische Menschenstamm von den einwandernden herrschenden Germanen nicht nur sehr gedrängt, sondern wohl größtentheils weggedrängt worden; die jetzigen Bewohner des Landes sind wohl meistens germanischen Stoffes. Der germanische Charakter, ich sollte sagen: das germanische Gemüth, hat sich hier auch fast mehr offenbart als in irgend einer anderen französischen Landschaft. Dieses germanische Gemüth, diese urgermanische Anlage, die mehr oder weniger bei allen Völkern des Stammes hervortritt, ist das Philo- sophische, das Denkende, Grübelnde, Zweifelnde, welches die germa- nische und deutsche Art zeigt. Die hiesigen Enkel und Urenkel der West-
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