1. Bd. 2
- S. 120
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Länder- und Völkerkunde. A. Europa.
Städte hat unter 20,000 Einwohner, drei unter ihnen aber über
60,000. Sie sind rings umher von einer Menge anderer kleiner
Städte und sehr volkreicher Dörfer umgeben. Hier ist der bevölkertste
und lebenreichste Strich des ganzen Königreichs. Hier zwischen der
Maas- oder Rheinmündung und dem südwestlichen Ende der Südcrsee
ist der eigentliche Kern, das Hauptstück der ganzen Niederlande. Hier
in der angegebenen Linie von Rotterdam nach Haag, nach Haarlem und
Amsterdam, dieser Linie des vornehmsten Binnenverkehrs des Landes,
bildete sich auch die erste Eisenbahn aus, die nun schon in den letzten
Jahren auch auf Utrecht und Arnheim weiter gewachsen ist. Die
Maas- und Rheinarme im Süden, das Haarlemer Meer und Hct I,
das Meer von Gouda im Norden und Osten und die Dünenkette und
die Seeküste im Westen schälen dieses Haupt- und Kernstück des Kö-
nigreichs, welches in der Geographie die Provinz Süd-Holland genannt
wird, heraus.
Die westlichen Provinzen, Gelderland, Overyssel, Drenthe, bilden
den Rücken und die Schattenseite von Holland, die Küstenprovinzen aber,
Seeland, Süd- und Nord-Holland, das Angesicht und das Haupt.
Jene sind weniger fruchtbar und wilder und daher auch weniger be-
völkert. Diese umfassen alle den fetten Bodensatz, den die Flüsse her-
abführten, und haben außerdem die Hauptausgänge zum Meere und
daher natürlich auch den reichsten Ackerboden, die vornehmsten Märkte,
Verkehrs- und Handelsplätze. Daß aber Süd-Holland, als das Haupt-
Theater niederländischer Thätigkeit und Geschichte, so bevorzugt sein
mußte vor Nord-Holland auf der einen und vor Seeland ans der an-
deren Seite, folgt eben so natürlich aus der Betrachtung der geogra-
phischen Verhältnisse. In dieser Richtung von Norden nach Süden
endigte die holländische Welt dort mit den letzten Landausläufern bei
Helder, Enkhuizen u. s. w., hier mit den südlichsten Besitzungen der
Holländer an der Schelde. Süd-Holland hatte daher in dieser Bezie-
hung eine centrale Lage und wurde so mit Recht der Sitz der Re-
gierung, der alten Grafen von Holland, der jetzigen Könige, und eben
hier entstand denn auch die spätere Residenz und Hauptstadt, das Haag.
Seeland im Süden besteht ans einer Gruppe sehr zerrissener kleiner
Inseln, die gleich vor Anker liegenden Schiffen stets von den Wellen
geschaukelt und bedroht wurden. Auch waren alle Theile dieses Landes
sowohl von einander als vom Ganzen sehr isolirt und zu Zeiten von
diesem gänzlich getrennt. Sie waren daher wenig geeignet, die Ent-
stehung großer und volkreicher Städte zu befördern, die immer mit dem
Ganzen in Verbindung zu bleiben wünschen, und deren Leben, gleich
dem Leben viele Wurzeln treibender Bäume, immer nur von einem
mehr oder weniger großen Landstriche aus genährt werden kann.
Nord-Holland war eine einige, compact, aber doch sehr isolirte
Insel, auf der einen Seite von der Südcrsee, auf der anderen vom
Ocean umgeben und durch sie von inniger Verbindung mit dem Nach
barlande ausgeschlossen. Süd-Holland dagegen stellt sich als der eigent-