1. Bd. 2
- S. 347
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
243. Die Bewohner des chinesischen Reiches.
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Part, und ihr Antlitz zeigt größere intellectuelle Fähigkeit. Sie scheinen
sowohl an dem mongolischen als chinesischen Charakter Theil zu nehmen
und besitzen größere Bestimmtheit und Umsicht als letztere und viel von
der Rohheit und dem Hochmuth der ersteren. Das Klima der Mand-
schurei ist milder, als das der Mongolei, und die Bewohner von Liau-
tung sind mehr ansässig und civilisirt, als die in den Steppen; wissen-
schaftliche Bestrebungen sind geschätzter, und sie stehen nicht so sehr
unter der Gewalt des Priesterstandes. Kurz, die Mandschu sind zu
betrachten als die der Verbesserung fähigste Race in Central-Asien, wo
nicht auf dem Festlande, und die Geschicklichkeit, mit der sie das chine-
sische Reich regieren, und die Verbesserung, die sie während derselben
Zeit in ihrer eigenen Lage bewirkt haben, versprechen noch weitere Fort-
schritte, wenn sie vertraut werden mit der Civilisation christlicher Länder.
Die mongolischen Stämme im Allgemeinen sind eine stämmige, ge-
drungene, dunkelbraune, häßliche Menschenrace, mit hohen, breiten
Schultern, kurzen, breiten Nasen, spitzem, vorstehendem Kinn, langen,
weit von einander stehenden Zähnen, mit schwarzen, länglich runden
unsteten Augen, dicken, kurzen Hälsen, knochigen und nervichten Extre-
mitäten, musculösen Schenkeln, aber kurzen Beinen, und von einer
Größe, die beinahe oder ganz der der Europäer gleich ist. In ihren
Gewohnheiten sind sie nomadisch, sie ernähren sich von animalischer
Nahrung, hauptsächlich von ihren Schaf- und Rinderheerden genommen.
Sie haben eine Schriftsprache, aber ihre Literatur ist beschränkt und
größtentheils religiös; alle Stämme reden die nämliche Sprache, mit
geringen Abänderungen und nur einer kleinen Zumischung fremder
Wörter. Das Geschick der ungeheuren Schwärme dieser Race, welche
vom Tafelland Central-Asiens herabgestiegen sind und die Ebenen von
Indien, China, Syrien, Aegypten und Ost-Europa in verschiedenen
Zeitaltern überschwemmt haben, und die Erhebung und der Fall des
Riesen-Reiches, das sie selbst unter Dschenghis im 11. und 12. Jahr-
hundert errichtet haben, gehört zu den merkwürdigsten Episoden der
Weltgeschichte. Sie haben immer denselben Charakter in ihren Urwild-
nissen beibehalten, und ihre Eroberungen sind eher Vertilgungen, als
Unterjochungen gewesen.
Die Race der Tibetaner vereinigt die physischen charakteristischen
Kennzeichen der Mongolen und Hindus in sich. Sie werden geschildert
als kurz, gedrungen und breitschultrig am Leibe, mit winkeligen Ge-
sichtern, breiten, hohen Backenknochen, kleinen, schwarzen Augen und
wenig Bart. Sie sind mild von Gemüth, haben ein stärkeres religiö-
ses Gefühl als die Chinesen, und haben niemals ihre eigenen Hochlande
weder wegen Auswanderung noch Eroberung verlassen.
^ Der Fleiß (die Industrie) der Chinesen hat ihnen ihre gebietende
Stelle unter den Nationen der Erde eingeräumt, und ihre Obergewalt
über ifjre Nachbarn verdanken sie hauptsächlich dieser Tugend. Nicht
nur ist die einheimische Vegetation allenthalben, wo die Cultur die Ar-
beiten belohnte, beseitigt, sondern hohe Berge sind urbar und fast bis zu