1. Bd. 2
- S. 408
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Länder- und Völkerkunde. B. Asien.
aus, so daß Hunderte dahiusterbeu. In diesem Falle leiht der Malayc
gern, aber nur gegen 1000 oder 2000 Procent, so daß die armen
Daijaker nicht im Stande sind, ihre Schuld zu bezahlen, und die Folge
ist Sclaverci. Doch ist diese Sclaverei keine harte und verdient kaum
so genannt zu werden; sie werden mehr wie Glieder der Familie als
wie Dienstboten behandelt.
In früheren Zeiten war wahrscheinlich, wie auf andern sundischen
Inseln, so auch auf Borneo, die buddhistische Religion verbreitet, we-
nigstens findet mau in einigen Gegenden der Insel noch Ruinen von
Buddha-Tempeln, auch Inschriften, die bisher nicht entziffert werden
konnten. Die jetzigen Daijaker haben nur einige wenige sehr oberfläch-
liche religiöse Begriffe; die Ausübung irgend eines Cultus findet gar
nicht Statt. Außer einer Menge guter und böser Geister, die sie fürch-
ten und verehren und denen sie zur Versöhnung oft kleine Speisopser
auf Bergen oder gewissen Stellen des Waldes aufstellen, scheinen ein-
zelne Häuptlinge noch einige Ueberreste früherer religiöser Begriffe be-
wahrt zu haben, der gewöhnliche Daijak weiß jedoch davon nichts mehr.
Hiernach glauben sie, daß 15 Welten bestehen, die ihrer Form nach
Halbkugeln sind und von denen unsere Erde in der Mitte steht, so daß
von den übrigen Weltkörpern sich sieben über der Erde und sieben unter
derselben befinden. Alle diese Welten sind ebenfalls bewohnt. Ferner
glauben sie an sieben gute Gottheiten und eine böse, und zwar: Di-
Batta oder In-Batta, ein allmächtiges Wesen, das Alles geschaffen hat
und dem die folgenden Gottheiten untergeordnet sind: Pa-Nitah, der
auf Di-Batta's Befehl die Welt gemacht hat; — Pa-Nampa, der das
Licht gemacht hat; — Pa-Jädi, der die Erde und Menschen gemacht
hat; — Pa-Jinjah, der die Menschen erhält; — Pa-Niring, der sie
während ihrer Lebenszeit leitet. Ferner Pa-Jirah, welcher die Men-
schen stets zu guten Handlungen ermahnt, und endlich der böse Gott
Pa-Radn, der sie stets zum Bösen verleiten will. Die Stimmen der
beiden letzten Gottheiten sprechen in dem Gewissen der Menschen.
Das eben Gesagte gilt hauptsächlich nur von den Stämmen West-
und Nord-Borneo's. Die Stämme von Ost-Borneo (Pari) verehren
Sonne, Mond und Sterne, und zwar die Sonne als weibliche Gott-
heit, den Mond als männliche. Ein religiöser Cultus, oder überhaupt
nur eine sichtbare Verehrung der Sonne und des Mondes findet aber
nirgends Statt.
Bei wichtigen Angelegenheiten befragen die Daijaker verschiedene
Orakel. Namentlich sind Flug und Geschrei gewisser Vögel entschei-
dende Orakel, In einigen Gegenden untersucht man auch die Einge-
weide frischgeschlachteter Thiere und verkündet aus denselben die Zukuuft.
Von beinahe ebenso großer Bedeutung sind die Träume. Wenn z. B.
die Mehrzahl der Dorfbewohner schlecht träumt, so unterbleibt ein be-
reits für einen bestimmten Tag festgesetzter Kriegszug. Eine gleich
wichtige Rolle spielen bei allen Daijakern, mit Ausnahme der Stämme
von Ost-Borneo, die Talismane (Agit, Usfak). Jeder Krieger besitzt