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1. Bd. 2 - S. 475

1860 - Köln : DuMont-Schauberg
288. Die Kirgisen. 475 Kirgise die Wallfahrt dahin gemacht hätte. Rückkehrende und durch- reisende Pilger (Hadschis) und andere Schwärmer bereichern sich nicht selten, indem sie in der Steppe umherziehen, Gottesdienst halten und Talismane verkaufen, welchen die Kirgisen die Kraft zuschreiben, unver- wundbar und unbesiegbar zu machen. Die Zauberer oder Wahrsager theilen sich in mehrere Klassen. Die zahlreichste ist die der Dschaurunschis, welche auf jede beliebige Frage nach verborgenen oder zukünftigen Dingen mittels eines Schaf- knochens antworten, indem sie diesen von allem Fleisch entblößen und so lauge ins Feuer legen, bis er an mehreren Stellen Risse oder Spal- ten bekommt. Aus diesen Nissen behaupten sie nun Bergaugcncs und Künftiges lesen zu können. Die Ramtschis gründen ihre Prophe- zeiungen auf die Farbe der Flamme, welche entsteht, wenn mau Schaf- fett ins Feuer gießt. Höher geben cs die Dschulduztschis, welche die Sterne beobachten, die nach ihrer Behauptung von ihren vertrauten Geistern bewohnt werden. Von höherer Geistesbildung kann bei diesem Romadcuvolke im Gan- zen keine Rede sein. Sie haben indessen einige Gesänge, die nicht ohne poetischen Werth sind. Das Nomadenleben hat den Kirgisen einige astronomische Kenntnisse beigebracht. Sie haben Namen für die meisten größeren Sternbilder. Die Monate führen dieselben Namen wie die Zeichen des Thierkreiscs. Die Zeitrechnung der Hedschra ist nur den Mollahs bekannt. Das Volk rechnet nach mongolischen Cykeln von je zwölf Jahren, deren je- des nach einem Thiere benannt wird. Die der russischen Krone untergebenen Kirgisen wählen sich zwar ihre Chans, aber die Regierung bestätigt sic. Außer den Chans, als Oberhäuptern der Horden, werden die Stämme durch Beys, Behadirs, Sultane und Aelteste regiert. Der Titel cincö Bey ist eigentlich erb- lich; allein wer ihn nicht durch eigenes Verdienst und persönliche Eigen- schaftcn behaupten kann, verliert ihn bald, während derjenige, der sich Achtung erwirbt, ihn erlangt, sei cs nun, daß es allmählich Sitte wird, ihn Bey zu nennen, oder daß ihm dieser ehrenvolle Titel ausdrücklich beigelegt wird. Die Behadirs sind Männer von anerkannter Tapfer- keit, die im Kriege als Anführer gewählt werden. Die Sultane (Tura, d. h. Herren) sind Verwandte des Chans und haben ebenfalls Einfluß auf die Kirgisen; sie müssen aber nicht minder als die Beys persön- liches Verdienst besitzen, wenn sie Ansehen genießen sollen. Der Chan hat das Recht über Leben und Tod aller Kirgisen seiner Horde, welche gegen seinen Despotismus keinen anderen Schutz haben, als die öffent- liche Meinung und die Gebote des Korans. Auch pflegt er sich mit einer Rathsversammlung zu umgeben, welche größtentheils aus Volks- Aeltesten besteht, deren Ergebenheit er durch Schmeichelei oder Freige- bigkeit zu gewinnen sucht. Diese Aeltestcn sind in der Regel bejahrte und erfahrene Männer, deren Rathschläge das Volk zur Richtschnur
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