1. Bd. 2
- S. 477
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
290. Die Araber und ihre Heimat.
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nesischen Grenzmauern im Osten; kein Fremdling zog in die dürftig
bewässerte Natur seines Bodens bei ihm ein, er selbst aber breitete die
bei Weitem größere Zahl seiner Geschlechter außerhalb der Halbinsel,
außerhalb der Urheimat aus, und mit ihnen seine Sprache, Religion,
Sitte, Lebensart, mit seinen unzertrennlichen Gefährten, dem Pferde
und Kameele, mit seiner Nahrung, dem Reis und der Dattel. Denn
selbst auf einem indifferenten Boden, unter dem sonnenreichsten Himmel
geboren, wußte er Herrschaften und Colonisationcn ans fremden Lünder-
gebieten zu gründen, wo Naturvcrwandtschaft ihn leicht befriedigte, weil
er Heimatsverhältnisse aufsuchte, die leicht übertroffen wurden und die
Fremde, der er seine Mitgift zuführte, sich anzubilden wußte; so am
atlantischen Atlas, an der Guadiana, am Niger und Nil, wie im Ter-
rassenbodcn von Schiras, zu Samarkand, am Indus und Opus, bis
zu allen seinem Nedsched verwandten, kühleren und wasserürmeren Pla-
teauhöhen Mittel-Asiens.
299. Die ^rnber und ihre Heimat.
(Nach Wilh Wachsmuth, europäische Sittengeschichte.)
Arabiens Grenzgürtel ist an drei Seiten das Meer, gegen Norden
und Nordwesten Sandwüsten. Die Sicherheit einer Insel hat es nicht
minder durch die letzteren, als durch jenes; die Landschaften am rothen
Meere haben wohl fremdes Joch getragen, aber keine Hcereömacht ist
jemals durch die Wüste vorgedrungen; der Araber hat nur die Brunnen
derselben zu verschütten, und der Tod lagert sich zu seinen Feinden.
Innerliche Geschlossenheit und Eigenthümlichkeit, gleich der von Insel-
bewohnern, offenbart bei dem Araber sich mehr als Folge der inneren
Landesbeschaffenheit, denn der äußeren Abmarkung. Jene Beschaffenheit
aber ist nicht an der Westküste, nicht in dem sogenannten hochgepriescnen
glücklichen Arabien, wo Durra, Weihrauch, Gewürze, Balsam und
Kaffee erzeugt werden, sondern in der Wüste zu suchen, die von dem
Bergrücken in Mittel-Arabien, Nedsched, westlich bis zum ägyptischen
Delta, nördlich bis zu Palästinas Klippen und Schluchten und östlich
zum Euphrat hin und über diesen hinaus sich erstreckt. Dieses Theils
Natur herrscht vor zur Ausprägung arabischen Lebens; daö glückliche
Arabien ist nur als Ausnahme zu betrachten; Kern und Mark des
arabischen Volksthums ist bei den Bewohnern der Wüste zu suchen, und
vom Nomadenleben, scheint es, ist auch die Benennung des Landes, Ara-
bien, hergenommen.
Dorthin also nnser Blick, zum Gepräge der Einförmigkeit, wo keine
Ströme die Landschaft befruchten und überschwemmen, keine Fruchtebenen,
die den Bebauer an die fetten Schollen heften, keine wechselnde Farbe
des Bodens; der Himmel ist unbewölkt und glänzend heiter, aber es
ist nicht behaglicher und milder Hauch, den der Tag ausströmt, sondern