1. Bd. 2
- S. 557
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
314. Das Plateau der Berbern oder des Atlas. 557
bent gegeben hatte, liegt als wohl geschlossenes und besonders von Tri-
politanicn sehr bestimmt gesondertes Ganze im nordwestlichen Theile
des Festlandes, begrenzt im Norden vom mittelländischen, im Westen
vom atlantischen Meere, im Süden dnrch die große Sahara, im Osten
durch den großen Busen des Mittelmeeres, dessen südlichsten Theil der
Golf von Sidra bildet. Zwischen diesen Grenzen befinden sich vier
große Landgebicte: das Sultanat oder Reich Marokko, das Reich
des Sidi He sch am und einiger kleineren Häuptlinge, die französi-
sche Provinz Algerien und der mittelbar zum türkischen Reiche gehö-
rende Staat von Tunis (Tunesien). Die Oberfläche des Atlaslandes
ist vorherrschend gebirgig, indem cs dnrch eine große Zahl Gebirgsketten
vom atlantischen Ocean im Westen bis zu dem großen Busen im Osten
longitudinal durchzogen wird, wozu zahlreiche, die longitudinalen ver-
knüpfende Transversalketten treten. Alle Gebirgsmassen zeichnen sich
auf so eigenthümliche Weise durch ihre Schroffheit und Zerrissenheit
ans, daß sich daraus abnehmen läßt, daß sie einen gemeinschaftlichen
geognostischen Charakter besitzen. Schon von dem nordwestlichsten Bor-
sprunge des Contincnts bei (Tandschcr) Tanger und Centn erhebt sich
sofort das Terrain bedeutend und bildet sich bald zu einer Reihe der
Küste des Mittelmcercs gleichlaufender Gebirgsketten ans, die dnrch Ma-
rokko, Algerien und Tunesien ununterbrochen fortsetzen, und hier als eine
gebirgige, bei der Berber-Bevölkerung unter dem Namen des Rif, d. h.
des Küstenlandes, bei der arabischen dagegen unter dem des Sahet,
was so viel wie Seerand bedeutet, bekannte Zone erscheinen. Im Süden
wird dieselbe dnrch eine ebene und in Algerien besonders auch breite
Zone begrenzt, welche gleichfalls vom atlantischen Ocean ohne Aufhören
durch Marokko und über dessen Ostgrenze, dem Mnlviaflnß, hinaus
durch Algerien und Tunesien zu verfolgen ist. An dieselbe schließt sich
wiederum im Süden eine zweite gebirgige Zone an von meist viel be-
deutenderer Erhebung über dem Meeresspiegel, als die gebirgige Kü-
stenzonc. Diese ist in ihrer ungemein langen Erstreckung bei der Be-
völkerung unter verschiedenen Namen bekannt. Der westliche, bei den
Europäern am gewöhnlichsten Atlas genannte Theil heißt bei den
Marokkanern arabischer Abkunft wegen der fast beständigen Schneebe-
deckung seiner höchsten Gipfel Dschebel cl Teltsch, d. h. Schnccberg.
In Höhe, Ausdehnung, Richtung und fast allen übrigen Verhältnissen
stimmt diese Zone auf höchst merkwürdige Weise mit dem Zuge des
großen europäischen Alpengebirges zwischen dem Montblanc und der
ungarischen Grenze überein. Südlich davon breiten sich wieder bis zum
28. —30.o nördl. Breite weite ebene Landstriche ans, die schon den
Namen Sahara führen und eine vierte Zone des Atlaslandes bilden.
Die Oberfläche der vierten Zone ist im Allgemeinen keine ebene, dürre,
menschen- und wasserlose Landschaft, wie der bei Weitem größte Theil
des centralen Gebiets von Nord-Afrika bis zum Niger, indeni hier
häufig Einschnitte, felsige Terrain-Erhebungen, selbst kurze Gebirgs-
strecken und Sümpfe mit fast unzähligen, an O.uellen und periodische