1. Bd. 2
- S. 558
1860 -
Köln
: DuMont-Schauberg
- Autor: Pütz, Wilhelm
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Völkerkunde?
- Geschlecht (WdK): Jungen
5.”8 Itt. Länder- und Völkerkunde. 0. Afrika.
Wasserlünse gebundenen Cnltnrstellen (Oasen), in denen Städte, Dörfer
und üppige Gärten gewöhnlich sind, wechseln. Durch die mürbe und
lose Beschaffenheit der Felsmassen an der Oberfläche der Zone und die
horizontale Schichtung der Gesteine wird nämlich das atmosphärische
Wasser am Abfluß gehindert, aufgesaugt, ehe es verdunsten kann, und
in die Tiefe geführt, wo es im ganzen Gebiet der Zone unterirdische
Wasserbecken bildet, die fast überall und besonders in den Oasen durch
Brunnen aufgeschlossen worden sind, so daß es hier nirgends Strecken
größer als 3—4 Tagereisen gibt, wo nicht der Reisende Quellen oder
Brunnen anträfe. Durch diese Eigenthümlichkeiten der Oberfläche er-
klärt sich zugleich das hier häufige Phänomen der verschwindenden Flüsse.
Nur die Strecken zwischen den Oasen sind von sandiger Beschaffenheit,
aber auch sic verwandeln sich im Frühjahr in grünende Weiden, die
einer zahlreichen nomadischen Bevölkerung periodisch ihren Lebensunter-
halt gewähren, während in den Oasen eine mit Industrie und Handel
lebhaft beschäftigte Bevölkerung ansässig ist. Aber im Gegensatz zu
der reich bewässerten, dem Ackerbau so günstigen Küstenzone, gestattet
der Boden dieser Zone und selbst der der beiden mittleren Zonen in
Algerien die Cerealien-Cnltur fast nirgends, so daß die Lebensweise der
Bevölkerung in den verschiedenen Theilen des Atlaslandcs ans das We-
sentlichste durch die physischen Verhältnisse bestimmt wird. Hiernach
theilen die Bewohner das Atlasland in zwei große bestimmt gesonderte
Districte, den Tell (mnthmaßlich vorn Lateinischen teiln« herrührend),
wo der Ccrealienbau möglich ist, und das Land der Weiden, so wie
der Datteln oder die Sahara Jedes der drei großen Länder längs
dem Rande des Mittelmeers, Marokko, Algerien und Tunesien, hat sei-
nen Tell und seine Sahara. Die gcognostische Beschaffenheit zeigt eine
höchst merkwürdige Uebereinstimmung mit den geognostischcn Verhält-
nissen längs dem ganzen Nordrande des Mittelmeers in Morca, Ita-
lien, der Provence, Andalusien und den Pyrenäen sowohl in Bezug auf
die Beschaffenheit, als auf das Alter und die Lagcrungsvcrhältnisse der
Gesteine. Besonders ist diese Uebereinstimmung auch bei dem südlichen
Vorsprunge Europa's, dem Felsen von Gibraltar, und dem nördlichsten
von Afrika bei Tandschcr und Centa sichtbar, so daß die Mythe des
Alterthums über den einstigen Zusammenhang beider Continente große
Wahrscheinlichkeit erhält.
Die Gebirgsketten des Atlaslandcs geben einer überaus großen
Zahl fließender Gewässer ihren Ursprung, worunter aber kein einziger
größerer schiffbarer Strom, mit Ausnahme vielleicht des Draaflusscs,
sich befindet. Die meisten haben einen kurzen Lauf und fast alle die
Natur der Bergströme, indem die Wassermcnge in ihren tief einge-
schnittenen Betten sich im Sommer ungemein vermindert, im Winter
dagegen durch die starken Regcnfälle und den geschmolzenen Schnee der
höheren Gebirgsmassen so vermehrt, daß die Passagen dadurch in hohem
Grade erschwert werden.