1845 -
Eßlingen
: Dannheimer
- Autor: Völter, Daniel
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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fortdauernde Verbrüderung an dem Euphrat und Tigris, auch ;i, den Medern,
Parthern und nach Main verbreitet, und im handeltreibenden Euphrat-Gebiete
vorzüglich zahlreich geworden. Nach der Zerstörung Jerusalems wurde,: sie
überdieß in alle Provinzen des römischen Reiches zerstreut. Die Juden hatten
auch in den römischen Provinzen manche Proselyten gemacht, aber das Juden-
thum konnte das griechische und römische Heidenthum nicht verdrängen. —
Erst das Christenthum war im Stande die heidnischen Tempel in christ-
liche Kirchen zu vrrwandelu. Unter vielen Verfolgungen und Kämpfen breitete
sich das Christenthum allmählig in allen Provinzen des römischen Reiches
aus und gründete auch außerhalb desselben, wie in Nubien und Habesch, in
Arabien, Iran und Vorder-Jndien christliche Gemeinden. Seine größte Aus-
dehnung erreichte aber das Christenthum innerhalb des römischen Weltreiches,
wo es im Anfang des 4ten Jahrhunderts zur Staatsreligion erhoben wurde
und das Heidenthum ganz verdrängte. Damals fanden sich nicht nur in
den europäischen Provinzen des römischen Weltreiches, sondern auch in seinen
afrikanischen und asiatischen Gebieten, die heut zu Tage größtentheils Bestand-
theile des osmauischen Reiches bilden, die blühendsten christlichen Gemeinden
mit ausgebildetem Kultus, scharf gegliederter Verfassung, mit eigenthümlicher
Kunst und Wissenschaft. Es schien, als ob der ganze Orient eine christliche
Welt bilden sollte. •— Viele Umstände hatten aber dahin gewirkt, daß die
damalige christlich-römische Welt im Occident, wie im Orient, entartete, und
der Einzelne sowohl, als auch das Ganze, nicht mehr ganz durchdrungen war
von der heiligenden Kraft des Christenthums. Da unterlag die christlich-
römische Welt im Abendland den kräftigen Streichen der Germanen. Sie
vernichteten die römische Welt im Occident, aber bauten aus den alten Grund
neue christliche Reiche. Anders gestaltete sich der Zustand des Orients ! Hier
waren die Angriffe nicht blos gegen die römische Welt gerichtet, sondern zu-
gleich glich gegen das Christenthum selbst Den durch die Lehre Mu Ha-
in et/s zum glühendsten Fanatismus entzündeten Arabern gelang es unter
Muhamed und seilten Nachfolgern, den Khalifen, mit der Gewalt des Schwertes
den bleichen Halbmond an die Stelle des Kreuzes zu 'pflanzen, den Feuerdlenst
Jran's uitd Turan's fast ganz zìi vernichten, so tvie freu Brahmaismus der
Indier zu erschüttern. Die Hand der Araber war gegen Alle aufgehen
(1. Mos. 16, 12). Zur Zeit der größten Ausdehnung des Khalifats tvar
das arabische Volk und die Lehre Muhamed's herrschend in Arabien, Syrien,
Cypern, Mesopotamien, Armenien, in den transkaukasischen Provinzen 'Ruß-
lands, in Iran, Turan und West-Turlestan, so wie im Indus-Land; in Afrika
hatten die muhamedanischen Araber Aegypten und das Hochland der Berberei,
in Europa aber die iberische Halbinsel, den Küstenstrich von Languedoc, Sici-
lien, Sardinien und Korsika, so wie Candia in ihrer Gewalt. Von der Herr-
schaft der Araber in Europa finden sich noch zahlreiche Merkmale, nicht blos
in den Ueberresten ihrer Bauten, sondern auch in der spanischen Sprache und
in den italienischen Sprachen Calabriens, Siciliens rind Sardiniens. Ueberdieß
haben die Araber ihre Sprache und ihre Religion, wenn auch nicht ihre Herr-
schaft, noch über die Grenzen des Khalifats, nemlich über alle Gebiete des
muhamedanischen Staatensysteuls ausgebreitet. Ja längs der ganzen Ostküste
Afrika's bis jenseits des Aeguators, bis Mosainbigue, bis zrr den Comoro-
Jnselit und bis zur Westküste von Madagascar findet sich die arabische Sprache
im Munde der Nachkommen jener Auswanderer, welche in unbekannten Zeiten
iti diesen Gegenden Afrikas Handels- und Ackerbau-Kolonien gegründet haben.
Araber findet man sogar an der Küste Malabar und aus den Molukken. —
Alle Völker, tvelchen die Araber den Islam aufgedrungen haben, sind, ivie die
Araber selbst, mehr oder tveniger Eroberer geworden. Diese Völker haben
zwar die politische Macht des Khalifats und der Araber vernichtet, aber durch
ihre Sprache und ihre Religion blieben die Araber doch das wichtigste Volk