1845 -
Eßlingen
: Dannheimer
- Autor: Völter, Daniel
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
im muhamedanischen Staatensystem. Die politische Macht im muhamedanischen
Staatensystem haben in Folge der Zeit größtentheils die türkischen Völker
an sich gerissen. So die Türken, welche aus ihren Ursitzen am Himmelsgebirge
in Inner-Asien im 8ten Jahrh, hervorgebrochen sind, die Araber bewältigten und
ganz Asien vom Ganges bis zum Hellespont, und Europa bis vor die Thore
von Wien überschwemmt haben. Sie, die Osmanen, sind bis auf diesen Tag,
das wichtigste und mächtigste Volk im muhamedanischen Staatensystem und
ihr Reich nimmt die erste Stelle in demselben ein. Andere türkische Völker
herrschen als Turkomannen in Persien, als Us decken in Turan und in
West - Turkestan. Außer diesen haben nur Völker der persischen Familie in
den asiatifchen Gebieten des Staatensystems eine Bedeutung erlangt, wie die
Afghanen in Herat und Kabul, die Belud scheu in Beludschistan, die
Kurden in Kurdistan. Die Araber dagegen haben ihre politische Macht
zuin Theil in Arabien und in Marokko behauptet, während tut Sudan die
Haussa-Neger, die Mandinger, die Jaloffen die herrschenden sind.
Obgleich die Mnhamedaner, Araber sowohl als Türken und andere Völker,
denen der Islam aufgezwnngen worden ist, gegen die früher vorhandenen Re-
ligionen gewüthet haben, so haben sich dennoch Reste derselben innerhalb des
muhamedanischen Staatensysteins erhalten. Von den Anhängern des
Feuerdienstes, von den Parsen oder Guebern, finden sich noch wenige
zersprengte Familien in den verborgensten Schlupfwinkeln der Randgebirge von
Iran, namentlich des Südrandes (Oase Nezd). Sodann haben sich solche
Parser-Kolonien in Vorder-Indien, vorzüglich auf der" Westküste dieser Halb-
insel und am Fuße des Kaukasus bei den räthselhaften Feuern von Vak»
erhalten. — Juden gibt es fast im ganzen muhamedanischen Staatensystem.
Sie sind in manchen Gegenden sehr zahlreich, wie im oömanischen Reich, in
Arabien, in Nord-Afrika. An manchen Orten bilden die Inden fast unab-
hängige Gemeinden; wenigstens ist dieß der Fall bei den 60,000 Rechabiten,
die wenige Tagreisen östlich von Mekka der mosaischen Sitte unveränderlich
treu geblieben sind und in Unabhängigkeit leben (Jer. 35, 5 — 11.). —
Der Islam ist der größte Feiiid deö Christenthums und der christlichen
Gesittung; seine Bekenner, das. zeigt die Geschichte, sind die erbittersten
Feinde der Christenheit; glühender Christenhaß ist bei ihnen eine Tugend; das
Schwert das Mittel zur Ausbreitung ihrer Religion. Die Erde gehört den
Gläubige», d. h. deii Muselmännern; es ist ihre Pflicht, sie zu unterwerfen
uiid die Lehre des Propheten zur Welt-Religion zu erheben. Wer daher deii
Tod in der Schlacht gegen die Ungläubigen, besonders gegen die Christen,
findet, den belohnen die ewige» Freiiden eines wollustvollen Paradieses, in
welchem selbst die Geringsten, außer deii erlesensten sonstigen irdischen Genüssen,
72 schöne Weiber und 80,000 Diener zu Gebote stehen werden. Auf solche
Weise mußte der Prophet seine Anhänger znin Kampf gegen die Christen be-
geistern. Obgleich die Muselmänner einen erbitterten und wüthenden Kampf
gegen die christliche Bevölkerung geführt haben, welche zur Zeit der Entstehung
des Islam das ganze osmanische Reich. Fez und Marokko, so wie verschiedene
Theile von Iran bewohnte, so war es denselben doch nicht möglich alle Christen
auszurotten oder zu bekehren. Die politische Macht der christlichen Reiche,
besonders des ost-römischen Reiches, konnte vernichtet, aber das Kreuz Christi
konnte nicht gänzlich umgestürzt werden. In den Ländern des ehemaligen
ost-römischen Reiches, die heut zu Tage größtentheils Bestandtheile des osma-
nischen Reiches geivorden sind,' findet sich eine zahlreiche christliche Bevölkerung.
Dieselbe bekennt sich zur morgenlandischen Kirche, wie die Nestorianer,
Jakobiten, Kopten und Armenier, zur griechisch-katholischen Kirche,
wie der größte Theil der slavischen Bevölkerung des osmanischen Reiches und
zur römisch-katholischen Kirche. Die protestantische Kirche
scheint erst in neuerer Zeit eine Bedeutung in diesen Gebieten zu erlangen.