1852 -
Eßlingen
: Weychardt
- Autor: Völter, Daniel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die geographischen Verhältnisse des Pflanzenreiches. 195
§. 156.
Die geographische Verbreitung -er Furusnahrungsstoffe.
1. Das Zuckerrohr») [Saccharum officinarum]. Halm 8—12' h. und 1—
2" dick. an den Gelenken nicht knotig verdickt, mit lockerem, saftigem Marke ausge-
füllt, welcher Rohrzucker liefert. Heimath: Bengalen. Kultivirt im tropischen und in
zu ernähren. Cook ßkuhk) äußert sich deßhalb auf folgende Weise: „Wenn ein Be-
wohner der Südsee während seines Lebens zehn Brotfruchtbäume gepflanzt hat. so
hat er die Pflicht gegen seine Familie eben so gut erfüllt, wie ein Bauer bei uns,
wenn derselbe jedes Jahr gepflügt und gesäet, geerntet und gedroschen hat. ja. er
hat nicht allein für seine eigene Lebenszeit Brot ins Haus geschafft, sondern in den
Bäumen seinen Kindern ein Kapital hinterlassen."
7. Aber noch leichter ist die Anschaffung des Brotes auf den östlichen Inseln Asiens,
in dem asiatischen Archipelagus, wo der Sago wild im Walde wächst. Wenn die
Bewohner, indem sie ein Loch in den Stamm bohren, sich davon überzeugt haben,
daß das Mark reif ist, so wird der Stamm umgeschlagen und in mehrere Stücke
getheilt, das Mark wird herausgekratzt, mit Wasser gemischt und geseiet; es ist dann
vollkommen brauchbares Sagomehl. Ein Baum gibt gemeiniglich 300 Pfund, und
kann 5—600 Pf. geben. Mau geht dort also in den Wald und schneidet sich sein
Brot, wie man bei uns sein Brennholz schlägt.
8. Während im Alterthum Sicilien und die ganze Berberei die groß ßen Korn -
kammern waren, so sind diese jetzt hauptsächlich in Nordeuropa zu suchen. Die im
Süden und Süd osten liegenden Ebenen sind durch die Befchaffenheit des
Erdbodens und die verhältnißmäßig warmen und trockenen Sommer hesonders zum
Getraidebau geeignet. Deßhalb sind hier jetzt die bedeutendsten Kornkammern für
einen großen Theil Europas. Die wichtigsten Städte für die Kornausfuhr sind
Danzig. Memel, Königsberg, Stettin, Riga, St. Petersburg am baltischen Meere,
Archangel am weißen Meere. Auch Dänemarks Koruausfuhr ist sehr bedeutend.
Durch die Ausfuhr aus den Häfen der Ostsee, aus Archangel und aus Dänemark
wird die skandinavische Halbinsel, namentlich Norwegen. mit Korn versorg; ein Theil
geht nach England, etwas nach Holland, Belgien und Frankreich, ja selbst nach
Südamerika.
9. Die zweite große europäische Kornkammer ist das südwestliche Rußland,
namentlich Volhynien und die älteren polnischen Provinzen. Odessa ist
der wichtigste Hafen der Kornausfuhr für diese Länder. Der Weizen des fchwarzen
Meeres geht nach der Türkei, Griechenland. Italien und Spanien, auch nach England.
10. Ein drittes, wichtiges Kornland ist Aegypten. Sein Weizen wird eben-
falls hauptsächlich nach den südeuropäischen Häfen gebracht.
11. Auch die Theile Nordamerika's, welche innerhalb der Korngrenze liegen,
führen Korn aus. Canada sendet Weizen nach England; die nordamerikanischen
Freistaaten führen Weizen und Mais aus, hauptsächlich in Form von Mehl, beson-
ders nach Westindien und Südamerika. Die wichtigsten Ausfuhrplätze sind: Neuyork,
Philadelphia, Neuorleans und Baltimore. Carolina liefert viel Reis nach Europa
und Südamerika.
12. Brasilien führt Reis aus. das südliche Chili [tfciji—] und daska fi-
la nd Weizen. Zwischen Vorder- und Hinterindien, China und dem indi-
schen Archipelagus findet ein gegenseitiger bedeutender Reishandel Statt.
») Unter dem Namen Laoedarum verstand man im Alterthum nur den Tabaschir,
die kieselartige Coneretion gewisser Bambusarten. Von dem Zuckerrohr benutzte man
nur den Saft des Rohrs, roh oder als Honig, Molasse oder Syrup. Die Gewin-
nung des rohen Zuckers, die Zuckerraffinerie, wurde in Babylonien, besonders in
Ahwaz am Kuranflusse, der ehemaligen großen Hauptstadt Chusistans. zur Zeit der
wissenschaftlichen Blüthe Bagdads von arabischen Aerzten, ursprünglich nur zum Be-
hufe der Arzneien, wenn nicht schon im 8ten, doch schon zu Ende des 9ten und zu
Anfang des 10ten Jahrhunderts erfunden. Erst im 13ten Jahrhundert wurde die-
selbe in größerer Ausdehnung in China betrieben, wo gegenwärtig noch die Zucker-
raffinerie in größter Vollkommenheit besteht. Seine weltgeschichtliche Bedeutung als
Handelswaare erhielt das Zuckerrohr erst nach Einführung des Zuckerbaus durch die
Spanier in den europäischen Colonien der neuen Welt und der darauf verwendeten