1856 -
Eßlingen
: Weychardt
- Autor: Völter, Daniel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die Staaten in Arabien. Grundmacht. 775
ist der Islam. Außer den zahlreichen Sunniten finden sich viele schiitische
Sekten, darunter die W echa bi ten. Mehrere Judenstämme. Wenig Christen.
Rachsucht und Eifersucht sind auch die Quellen häufiger Fehden unter den zahllosen
Beduinenstämmen. Unter ihren Stamm- und Familienhäuptern, die den Titel Scheikh
oder Emir [= der Befehlendes fuhren, durchstreifen sie nach allpatriarchalischer Sille
das Innere und den Norden Arabiens, und leben theils von Viehzucht und Karavanen-
handel, theils vom ehrenvollen Raub und von der Plünderung durchziehender Kara-
vanen, theils von dem Sold, für welchen sie treue Führer und Beschützer der Kara-
vanen sind. Die größten Beduinenstämme: die Anezeh [— die Freienj, die Sche-
rarat oder Schlrarll und die Mnntefik. Welthistorische Bedeutung haben die
Beduinen durch Muhamed erlangt, der aus dem ismaelitischen Stamme der Korelschi-
ten herkommt. Die Nachkommen Muhameds, die von Hassan und Hufiein, den Söhnen
Alis und der Fatime, der Tochter Muhameds, herkommen, bilden die zahlreiche Klasse
der Scheriss s— edel, heiligt Sie haben das größte Ansehen, find durch ganz Arabien
verbreitet u. lassen keine Fremden in den ächten Scheriffamilien zu. Außer den Nachkom-
men Muhameds führen aber auch andere Familien den Namen Scherif, ohne jedoch von
den ächten Scheriffamilien anerkannt zu sein. Die bedeutendste Nolle in der neuesten Ge-
schichte Arabiens hat die unter den Beduinen von Neschd entstandene reformatorische Sekte
der Wechabiten gespielt. — c. Ursprünglich gab es in Arabien zwei Hanptsprachen:
das Himjaritische in Südarabien und das Koreischit ische in Hedschas, beson-
ders in und um Mekka. Das Himjaritische ist die Sprache der ursprünglichen hamiti-
schen Bevölkerung Südarabiens und die Ursprache des Phönicischen gewesen. Die
eingewanderten Joktaniden, die »rsprünglisch das Aramäische oder Syrische redeten,
gaben ihre Sprache auf und nahmen die der hamitischen Urbevölkerung an. Ein
Rest des Himjaritischen ist die durch ihre Nasen - und Spucklaute so merkwürdige
Sprache Ehkhili, die man noch jetzt in der südarabischen Landschaft Mahrah redet,
Das Korerjchitische wurde durch Muhamed und seine nächsten Nachfolger mittelst Bei-
mischung von abessinischcu, indischen, persischen, syrischen, hebräischen und chaldätschen
Wörtern, besonders aber durch nachmalige Aufstellung grammatischer, namentlich der
griechischen Sprache nachgebildeter Regeln, zur Abfassung des Korans verwendet und
dadurch zur Büchersprache erhoben, welche selbst geborene Araber in den Schulen
erlernen müssen und die unter dem Namen „gelehrtes Arabisch" bekannt ist. Das
Neu-Arabische ist zwar verschieden davon, hat aber nach Materie und Form die
Sprache des Korans zur Grundlage. — d. Arabien ist eine lebendige Men scheu-
quelle, deren Strom seit Jahrtausenden weit und breit nach dem Orient und Occi-
dent sich ergossen hat. In der frühesten Zeit befanden sich arabische Stämme schon
in ganz Vorderasien, Palästina, Syrien, Mesopotamien, Assyrien und Babylonien, in
Iran und in Ostindien, in Aegypten, Nubien und Nordafrika, so wie an den Ostküsten
von Südafrika. Ihre früheren Seefahrten giengen über Ceylon nach Hinterindien bis
Cantón. Als aber Muhamed die Menge der bisher getheilten und kraftlosen Horden
durch das Band einer gemeinschaftlichen Religion in eine mächtige Nation vereinigt
hatte, und dieses von seiner Begeisterung und seinem Fanatismus erfüllte Volk gegen
die Lander der Ungläubigen führte, verbreiteten sich die Araber, gleich Waldströmen,
über den Osten, Westen und Norden. Sie überschwemmten, unterjochten, verheerten
oder civilisirten ganz Westafien, Aegypten, Nubien und Nordafrika, Sicilieu, Sardi-
nien und Korsika, Portugal und Spanien, und erst an den Ufern der Loire konnte
Karl Martell ihrem Vordringen in Europa ein Ziel setzen. In all' diesen Ländern
breiteten sie ihre Lügenreligion mit Feuer und Schwert aus und brachten den Unter-
jochten auch ihre Gesetzgebung, Sprache, Schrift, Poesie und Lebensanschauung mit.
In der Fremde wurde das Nomadenvolk ein fleißiges, Ackerbau, Handwerke und Han-
del, Künste und Wissenschaften liebendes Volk, dessen Literatur im Mittelalter be-
lebend auf Europa eingewirkt hat. Wenn nun auch diese ruhmvolle Zeit der Araber
schon längst dahingeschwunden ist, so ist Arabien dennoch durch seine beiden heiligen
Städte Mekka und Medina der religiöse Mittelpunkt der ganzen muhamedanischen
Welt und seine Sprache die Hauptsprache der meisten muhamedanischen Länder. —
2. Die Juden hatten sich schon der seit der Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar
in Arabien niedergelassen. Ihre Anzahl wurde seit der Zerstörung Jerusalems durch
Titus bedeutend vermehrt. Sie bildeten sehr zahlreiche, zerstreut liegende, meist kleine,
aber sehr kriegerische Staaten in Hedschas und Dschemen. Besonders zahlreich waren
sie um Medina. Durch sie wurde Muhamed, der anfangs mit ihnen befreundet war,