1856 -
Eßlingen
: Weychardt
- Autor: Völter, Daniel
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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934 Vierte Abtheilung. Amerika.
August, bb. Furchtbar verheerende Orkane im August, September und October.
Sie sind die größte Plage der Inseln und richten entsetzliche Verheerungen an Häu-
ser», Schiffen, Bäumen und Planlagen, an. c. Jahreszeiten. aa. Nasse Jahres-
zeit. Vom Mai bis November. Die erste Regenzeit beginnt mit 14tägigeu periodi-
schen Regengüssen, welche eine äußerst üppige Vegetation hervorrufe». Alsdann wird
die Witterung wieder trocken, beständig und gesund; die Nächte sind von unbeschreiblicher
Schönbeit. Von August bis November dauert die zweite Regenzeit. Wahrend
derselben ist die Luft mit Dünsten angefüllt; wahre Wasserflntheu [60" bis 274"]
entladen sich unter furchtbaren Gewittern und Orkanen, und alle Gewässer schwellen
an und treten aus; verheerende Krankheiten, besonders das gelbe Fieber, erzeugen sich
und raffen viele Menschen weg. bb. Trockene Jahreszeit. Vom December bis
Mai. Die Ostpassale nehmeil ihre Richtung wieder an, verbreiten Kühlung und die
Keime des Lebens und der Gesundheit; die Fieber weichen und der noch schmachtende
Genesende athmet neues Leben und neue Kraft ein. Der Himmel wird wieder klar
und hell, die Luft rein, die Gestirne glänzen mit unbeschreiblicher Klarheit. — 9. Ein-
wohner. 3,700.000. a. Ureinwohner. Gegen 9,000 Indianer auf Trinidad.
Einzelne indianische Familien auf Bnsn-Ayre und Aruba. b. Ueber 800,000 Euro-
päer und Ereolen [Abkömmlinge von Europäern]. Meist Spanier, Engländer,
Franzosen und Holländer; wenig Dänen, Schweden und Deutsche. Fast
die einzigen Grundbesitzer [Pflanzer; Plantagenbesitzer]; nur wenige sind große Kauf-
leute. Ein ungebildetes, im Sinnengenuß schwelgendes, nur auf Gelderwerb bedach-
tes, zum Theil rohes, hartherziges n. gegen ihre Sklaven grausames Volk. c. 2,600,000
Neger. Tbeils frei, theils Sklaven. Vor der Abschaffung des Sklavenhandels, der
hier um 1500 begann, von den Europäern an der Westküste von Afrika eingehandelt
und zur Arbeit in den Plantagen hicher geschleppt. Als die einzigen Landbauer woh-
nen sie meistens aus den Pflanzungen, ä. Gegen 1,300,000 freie Farbige [Mu-
latten], aus der Vermischung von Europäern mit Negerinnen entstanden. Verachtet
von den Weißen und gehaßt von den Negern, ist ihr Verhältniß mißlich und drückend.
Unterhändler, Krämer, kleine Kaufleute, Wirthe u. dgl.; manchmal auch Pflanzer,
e. Die Weißen und freien Farbigen sind in den spanischen und französischen Kolonien,
wie auf Haiti, Katholiken, in den übrigen Kolonien meist Protestanten [Epis-
kopale; Anhänger verschiedener Sekten Englands; Lutheraner rc.] Die Neger sind
zum Theil noch Heiden, auf Haiti und auf den spanischen Inseln aber Katho-
liken; deßhalb aber nicht weniger roh und abergläubisch, als die nubckehrten. Ver-
schiedene Missionsgesellschaften, besonders Methodisten und Herrnhuter, wirkeu
schon seit längerer Zeit unter den Negern der britischen, niederländischen und dänischen
Kolonien durch Predigt, Schulen und Bibelverbreitnug höchst wohlthätig.
2. Kultur. — 1. Die Sklavenarbeit hat dein äußerst fruchtbaren Boden die
werthvollsten Produkte, die meist aus der alten Welt hieher verpflanzt worden sind,
abgewonnen. Wo die Sklavenarbeit aufgehört hat, ist der Plantagenbau ins Stocken ge-
rathen , indem die freien Sklaven nicht immer gleich bereit waren, als freie Arbeiter
zu diene»; daher miethet man in den britischen Kolonien für einen gewissen Zeitraum
Leute ans der Arbeiterklasse Ostindiens [Kulies]. Hauhthandelshrodukte: Zucker,
[jährlich über 9 Mill. Ctr.; davon liefert das spanisthe Westindien über die Hälfte];
Kaffe [124 Mill. Ctr.; davon 60 Mill. das spanische Westindien, 32 Mill. Haiti];
Tabak [über 1 Mill. Ctr. meist von den spanischen Inseln und von Haiti]; Baum-
wolle [c. 40,000 Ballen ä 350 Pfd.]; Pieinent. Ferner: Indigo, Orleans
[Rnkn], Cacao, Vanille, Ingwer, Kassia, Jalappe, Sassaparille.
Beschränkter Anbau von Nahrungspflanzcn [Reis. Europäische Getreidearten. Kokos-
und andere Palmen. Uams. Bataten. Manioc. Brotfruchtbäume. Ananas. Süd-
früchte]. Mehl und Getreide muß aus Nordamerika eingeführt werden. Prachtvolle Tro-
stenwaldnngen [Mahagoniholz. Brasilicnholz. Ebenholz. Campecheholz. Filstick- oder
Gelbholz. Gnajakholz h.] Bedeutende Zucht der europäischen Hausthiere; am besten
gedeiht das Schwein. Ansgedehnte Bienenzucht. Wichtige Seefischerei [Sehr gute
Karettschildkröteu und Riesenschildkröten]. Armuth an Jagdthieren [Hirsche. Wilde
Schweine. Bisamschweine. Waschbären. Stinkthicre. Fledermäuse. Affen. Viele
Vögel. Kaymans. Schlangen. Eine große Plage sind Termiten, Moskiten und Erd-
flöhe]. Unbedeutender Bergbau [Etwas Gold; früher viel Gold von Haiti, Cuba
u. a. Inseln. 700,000 Ctr. Kupfererze auf Cuba. Erdpech. Schwefel. Steinkohlen
auf Cuba. Salz]. — 2. Unbedeutende Industrie. Zucker-, Rum- und Syrnpberei-
tung. Tabak- und Cigarrenfabrikation. Schiffbau. — 3. Handel, a. Ausfuhr-
artikel: Me Plantagenproduktc; Rum und Syrup; Nutzhölzer; Apothekerwaaren;