1. Bd. 1
- S. 80
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Einleitung.
Klostergeistlichen und der aus ihnen zu wählenden hohem Geistlich-
keit (die in Patriarchen, Metropoliten, Erzbischöfen und Bischöfen
besteht) die Ehe mit einer Jungfer geboten, mit einer Wittwe
aber und eine zweite Ehe untersagt ist; daß sie beim Gottesdienste
nur Vokalmusik durch Sangerchöre, und in den Kirchen keine
Sitze für die Gemeinde duldet rc.
Die Armenische, Ne st orkanische und Jacobitische
Kirche sind alte von der Griechischen Kirche ausgegangene, aber
von derselben getrennte, ketzerische Religionspartheien. Der Lehr-
begriff der Armenischen Kirche unterscheidet sich besonders dadurch
von dem orthodoxen, daß sie in Christo nur eine Natur annimmt
und den heiligen Geist bloß vom Vater ausgehen laßt. Bei der
Taufe besprengen die Armenier die Täuflinge dreimal und tauchen
sie dreimal ein; beim Abendmahle gebrauchen sie ungemischten
Wein und reichen das Brod in denselben getaucht herum. Ihre
hierarchische Verfassung weicht wenig von der Griechischen ab. Das
Haupt dieser Kirche, die ihre meisten Anhänger in Rußland, Per-
sien und in der Türkei hat, der K a t h o li k os oder Patriarch heißt,
hat seinen Wohnsitz zu Etschmiazin in der seit 1828 Russischen
Provinz Armenien.
Die Nestor! an er, auch Syrische oder Chaldaische
Christen genannt, weil sie sich bei ihrem Gottesdienste der alten
Syrischen Sprache bedienen, haben ihren Namen und Ursprung
von Nestorius, der im fünften Jahrhunderte Bischof zu Con-
stantinopel war und lehrte, daß Maria nicht Gottesgebacerin son-
dern Christusgebarerin zu nennen sey; und daher durch eine Sy-
node, die zu Ephesus gehalten wurde, sein Amt verlor. Seine
Anhänger, die man auf alle Weise verfolgte, ordneten gegen das
Ende des fünften Jahrhunderts unter dem Schutze des Königs von
Persien, wohin sie sich flüchteten, ihre noch jetzt bestehende Kirchen-
verfassung, an welche sich auch die übrigen Christen in Persien und
spater die Thomaschristen in Ostindien anschlossen. Jetzt befinden
sich die meisten Nestorianer in der Asiatischen Türkei, und haben
ihren vornehmsten Patriarchen zu Elkosch, nahe bei Mossul. Sie
erkennen in Christus nicht bloß zwei Naturen sondern auch zwei
Personen, jedoch unter Einer Gestalt, sind einfacher in ihren Leh-
ren und Gebrauchen als die orthodoxe Griechische Kirche, mit der
sie jedoch sehr übereinstimmen; doch dulden sie in ihren Kirchen
keine Bilder, und bloß das Kreuz, ohne Bild Jesu, sieht man bei
ihrem Gottesdienste.
Jacobitische Christen heißen die monophysitischen Chri-
sten (die nur Eine Natur Christi annehmen) des Orients, welche
sich im sechsten Jahrhunderte zu einer besondern Kirche bildeten,
und diesen Namen „Jacobiten" von einem Syrischen Mönche Ja-
cob Baradaus, der ihren Kult ausbildete, angenommen haben.