1. Bd. 1
- S. 227
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Schwedischer Staat.
cm Höhe übertrifft. Das eigentliche Kjölengebirge, das überhaupt
niedriger als der südliche Theil des Skandinavischen Gebirges ist,
und an weit weniger Stellen die Schneeregion erreicht, hat in dem
Sulitelma seine höchste Spitze, die jedoch nur bis zu 5796 F.
ansteigt, wo gleichfalls sich mächtige Gletscher befinden.
Das Elenthier gehört zum Hirschgeschlecht, ist aber grö-
ßer als der Hirsch, und hat auch ein breiteres stärkeres Geweih,
das zuweilen 50 bis 60 Pfund wiegt. Seine Farbe ist aschgrau
oder braun. Ehemals gab es auch in Deutschlands Wäldern
Elcnthiere, jetzt aber findet man keine daselbst mehr, auch in Preu-
ßen und Polen sind sie selten und nur gehegt. Am häufigsten leben
sie noch in den nördlichen Gegenden des Schwedischen Staates und
Rußlands, so wie auch in Nordasien und Nordamerika. Ungeach-
tet ihr Gang schwer und schaukelnd ist, laufen sie doch ungemein
schnell. Da in ihrer nordischen Heimath im Winter gemeiniglich
hoher Schnee liegt, so muffen sie sich mit Baurtizwekgen, Baum-
rinden und Moosen und Flechten, namentlich dem Rennthiermoose
behelfen, welches sie unter dem Schnee hervorfcharren. Es sind
scheue, furchtsame Thiere; nur gereizt oder verwundet, und zur
Brunstzeit werden sie leicht dem Menschen gefährlich. Wer ihnen
dann zu nahe kommt, den greifen sie wüthend mit dem Geweih
an. Junge Elenthiere kann man zahmen. In ihren Vaterlands
ist der Luchs ihr furchbarster Feind. Das Fleisch der Elenthiere
wird gegessen, ihre Knochen verarbeitet man zu allerlei Kunst-und
Spielfachen, gleich dem Elfenbein, und ihre Haut, die so dick ist,
daß kaum eine Flintenkugel durchgeht, bereitet man zu Leder, und
macht Beinkleider, Degengehenke, Kollette rc. davon.
Das Rennthier gehört zu den Thieren, welche ganzen
Völkerschaften beinahe alles gewahren, was zum Leben nöthig
ist. So wie ohne das Kameel die brennenden Wüsten Afrika's
für den Menschen unzugänglich seyn würden, so gab der Schöpfer
den Bewohnern des höchsten Nordens in ihren von Eis und Schnee
starrenden Gegenden zum Ersatz für alle ihnen sonst fehlenden
Hausthiere das Nennthicr, dessen Heimath die nördlichsten Lander
Europas, Asiens und Amerikas sind. Es lebt sogar auf Grönland
und in den unbewohnten Inseln Spitzbergen und Nowaja Semlja
und findet selbst in diesen unwirthbaren Gegenden seinen Unter-
halt, der in allerlei Wald- und Bergkrautern, Blättern der Bäu-
me und Moosen oder Flechten, besonders zur Winterszeit in dem
Rennthiermoose besteht, das es unter dem mehrere Fuß tiefen
Schnee, sowohl mit seinen Füßen, als mit seinem Geweih hervor-
scharrt, wobei sein scharfer Geruch es so sicher leitet, daß es alle-
mal solche Stellen wählt, wo dies Moos steht; und dieses Ge-
wächs, welches die Vorsehung so reichlich über die an andern
Pflanzen arme Polarländer verbreitet hat, ist sehr nahrhaft. Das
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