Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Bd. 1 - S. 241

1835 - Eisleben : Reichardt
Schwedischer Staat. 241 Mädchen wendet, worauf das verlassene Mädchen von andern Jünglingen besucht zu werden pflegt. Zuweilen besucht auch wohl ein Jüngling zu gleicher Zeit mehr als Ein Mädchen, doch nur so lange er noch nicht gewählt hat. Hat er gewählt, so sind die Ehrennächte häufiger und nicht mehr geheim. Nicht leicht wird eine Ehe vollzogen, die nicht durch solche Ehrennächte vorbereitet worden wäre^ Einem Jüngling, der einmal berauscht war, psiegt, wenigstens in einzelnen Gemeinden, von keinem Mädchen der Eh- renbesuch gestattet zu werden. Ein Mädchen, welches keinen Eh- tenbesuch erhält, wird an manchen Orten für tadelnswürdig gehal- ten, und ist es auch gewöhnlich; denn kein gefallenes Mädchen w'-d besucht; ein junger Mann würde sich durch den Besuch ei- nes solchen um Acktung und Ehre bringen. Hat ein Jüngling nach kürzerer oder längerer Zeit fortgesetzten Ehrennächten sich mit einem Mädchen verlobt, so fehlt es zwar Nicht an Beispielen, daß einzelne Verlobte sich dann faktisch von ihrer gegenseitigen physi- schen Ehefahigkeit überzeugten, aber diese Beispiele sind noch im- mer nicht so gar häufig, und die Erfahrung lehrt, daß die Ehren- nächte in moralischer Hinsicht nicht so verderblich einwirken, wie man vermuthen könnte; denn die Zahl der unehelichen Kinder ist in den Provinzen, wo jene Sitte herrscht, bei Weitem nicht so groß, als in den Landschaften des mittlern und südlichern Schwe- dens, wo man diesen Gebrauch nicht kennt. Die Schweden reden eine eigne mit der Dänischen und wedischen nahe verwandte Sprache, eine Tochtersprache der Zutschen, wiewohl sie einem Deutschen schwer zu verstehen ist; bis zu dem 16ten Jahrhundert war die Schwedische Sprache noch sehr roh und Ungebildet, Und erst unter Gustav Wasa's friedli- cher Regierung nahm die eigentliche Bildungsperiode derselben ih- ren Anfang. Im 4 7ten Jahrhunderte begann zwar in mehreren Wissenschaften eine Art von Nationalliteratur sich zu entwickeln, aber noch ünmer blieb die Schwedische Sprache ziemlich roh und ward wenig ausgebildet. Die meisten Gelehrten bedienten sich der lateinischen Sprache und der Hof und die Vornehmen sprachen Deutsch oder Französisch. Erst als die Schwedische Gesellschaft der Wissenschaft im 18ten Jahrhundert anfing ihre Schriften in der Muttersprache herauszugeben, gewann dieselbe mehr Ansehn und Politur. Eine schnelle Fassungsgabe, eine scharfe Urtheilskraft und überhaupt treffliche Geistesfähigkeiten sind den Schweden nicht ab- zusprechen, so wie es auch nicht an guten Unterrichts-Anstalten fehlt. Es giebt 2 stark besuchte Universitäten, hinreichende gelehrte Schulen oder Gymnasien, mehrere Akademien und gelehrte Gesell- schaften; und die Zahl der in vielen Fächern des Wissens ausge- zeichneter Gelehrten ist nicht gering. Auch selbst die schönen Wis- senschaften, besonders die Dichtkunst sind nicht vernachlässigt. Doch haben die Schweden im Ganzen am meisten die ernsten und auf 16
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer