1. Bd. 1
- S. 288
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Velgirn.
Armee und beschloß die in Belgien stehenden Heere der Alliirten
zu überfallen und zu schlagen, bevor die übrigen Truppen der Al-
liirten sich vereinigen könnten. Es gelang ihm am 16. Junius
1815, durch Ueberlegenheit die Preußen, welche Blücher komman-
biete, bei dem Dorfe Ligny zu besiegen und zum Rückzüge zu nö-
thigen. Napoleon in der Voraussetzung, durch seinen Sieg bei
Ligny seinen Hauptzweck, das Heer der Britten von den Preußen
zu trennen, vollständig erreicht zu haben, glaubte nun gewiß auch
das Brittische Heer unter Wellington schlagen und Brüssel einneh-
men zu können. Wellington von der Besiegung der Preußen un-
terrichtet, ließ bei dem Feldmarschall Blücher anfragen, ob er für
die nächsten Tage auf seinen Beistand rechnen könne. Blücher
versprach es. Kaum war der 17te Junius angebrochen, als Na-
poleon einen Theil seines Heeres zur weitern Verfolgung der Preu-
ßen abschickte, und sich selbst mit dem Hauptheere in Bewegung
setzte, um Wellington anzugreifen. Doch letzterer hatte sich aus
der nach Brüssel führenden Heerstraße, bis in die Gegend von
Mont St. Jean, La belle Alliance und Planchenoit zurückgezogen,
wo er, im Vertrauen auf Blüchers versprochenen Beistand, die
Schlacht gegen Napoleon annehmen wollte. Sein Hauptquartier
hatte er zu Waterloo. Die Franzosen waren am 17ten des Abends
in diese Gegend gelangt, und begannen am 18ten die Schlacht.
Die Britten waren mit den Niederländern, Braunschweigern, Han-
noveranern und Nassauern 50 bis 60,000 Mann stark, die Fran-
zosen gegen 95,000. Die letzten waren nicht wenig erstaunt, als
sie das Brittische Heer in Schlachtordnung sahen, denn die ganze
Nacht hindurch hatten sie den Wahn unterhalten, daß die Britten
ihren Rückzug nach Brüssel fortsetzen würden. Napoleon selbst hatte
die Nacht hindurch nichts so sehr befürchtet, als daß die Englän-
der ihm entwischen könnten. Um so größer war seine Freude, als
er sie bereit sah, eine Schlacht von ihm anzunehmen. „So hab'
ich denn endlich diese Engländer!" rief er aus. Es war Vor-
mittags um 11 Uhr, als von Französischer Seite das Zeichen zum
Angriff gegeben wurde. Zuerst ging der Angriff gegen den rechten
Flügel, dann, da dieser sich hartnäckig hielt, gegen das Eentrum,
wo der Kampf am hitzigsten entbrannte. Mit unglaublicher Wuth
ward um den Besitz der Hauser, Meiereien und Dörfer gestritten,
die sich in seiner Umgebung befanden: allein unmöglich ward es
den Franzosen, Vortheile zu erringen. Doch war die Lage des
Brittischen Heeres mit jedem Augenblicke mißlicher geworden, und noch
immer erschienen die Preußen nicht, denen der Engpaß bei St.
Lambert große Schwierigkeiten entgegengestellt hatte. Endlich um
5 Uhr brachen die ersten Preußen unter Bülow aus dem Walde
von Frichemont hervor und kamen den Franzosen in die rechte
Flanke, welchen jedoch Napoleon ein Armeekorps entgegen schickte,
so daß sich bald auch hier ein mörderischer Kampf entwickelte.