1. Bd. 1
- S. 425
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Königreich beider Sicilien.
selten mitten in der Ausbruchssäule Blitze sichtbar werden. Nicht
genug, daß die ausgeschleuderten Massen an Größe und Anzahl
sich unendlich vermehren, so vervielfachen sich auch die Gegenstän-
de des Auswurfs. Afche und Sand werden weit umher getrieben,
auch bisweilen ungeheure Massen siedenden Wassers, welche ver-
eint mit den andern Substanzen die umliegende Gegend verheeren.
In der letztern Art zeichnete sich vorzüglich der Ausbruch vom
Jahre 1651 aus. Nicht allein stiegen gleich zu Anfange große
Wassersäulen mit Asche vermischt aus dem Krater empor und be-
deckten die Landschaft weit umher; sondern es flössen auch mit der
Lava selbst Ströme siedenden Wassers aus dem Berge und ver-
wüsteten Torre del Greco, Portici und mehrere Orte. Ja
bis vor die Stadt Neapel soll damals dieses Wasser, mit Asche
vermischt, gedrungen seyn. — Der älteste in der Geschichte be-
kannte Ausbruch des Vesuvs fand 79 nach Christi Geburt Statt,
wo er die Städte Herculanum, Stadia und Pompeji be-
grub, und wobei der Naturforscher, Plinius der Aeltere sein
Leben verlor. Seit dieser Zeit zählt man eine große Menge Aus-
brüche. Einer der fürchterlichsten war 1767, wo eine ungeheure
Menge Lava das Thal von Resina bedeckte. Bei dem Ausbruche
1794 ward Torre del Greco durch einen ungeheuren Lavastrom
verwüstet. Der neueste Ausbruch des Vesuvs erfolgte 1852.
Der Aetna, der merkwürdigste und bekannteste unter allen
Vulkanen, erhebt sich auf der Ostküste der Insel Sicilien, ohne
Zusammenhang mit den übrigen Bergketten der Insel. Es ist eine
irrige Vorstellung, sich den Aetna als einen einzigen Berg von
ungeheurer Höhe und Ausdehnung zu denken. Von weitem ge-
sehen, bietet er sich zwar in dieser Gestalt dar, und scheint nur
eine einzige Masse zu bilden. In der Nähe aber verhält sich die
Sache ganz anders, und man überzeugt sich, daß derselbe aus ei-
ner Anhäufung mehrerer vulkanischer Berge zusammengesetzt ist,
deren höchster seinen dermalen offenen Krater ausmacht. Rings
um diesen Kegel des jetzigen Kraters und auf der ganzen vulkani-
schen Fläche des Berges zählt man nahe an 100 andere erlo-
schene Krater; und der eigentliche Aetna scheint mitten unter den
ihn umgebenden Bergen zweiten Ranges, wie ein Hausvater im
Kreise seiner Familie, und durch seine alles überragende Höhe die
sämmtlichen Glieder derselben beherrschend da zu stehen. Die Höhe
des Aetna beträgt nach den richtigsten Angaben 10,250 oder 10,400
Fuß. Wenige Berge besitzen eine so breite Basis, im Verhältniß
zu ihrer Höhe, wie der Aetna. Nach Einigen soll sein Umfang
am Fuße 15 , nach Andern sogar 20 Meilen betragen. Daher
erscheint derselbe dem Auge nicht so hoch, als er wirklich ist, und
wirkt auf die Einbildungskraft nicht so gewaltig ein, als es die
schroffen und majestätischen Alpengipsel thun, welche dem Auge
gestatten, sie vom Fuße zum Scheitel in einem von der senkrech-