1. Bd. 1
- S. 443
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Königreich beider ©teilten.
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Len sagen kann. Wir wollen nur einige davon bemerken, näm-
lich: 1) das königliche Residenzschloß, merkwürdig wegen
seiner Größe, seiner prächtigen Treppe und der Schönheit und des
Reichthumes seiner Gemacher; 2) das prachtvolle Theater San
Carlo, eins der schönsten und größten in der Welt, das so wie
der Finanzpallast für die beiden schönsten Gebäude Neapels gehal-
ten werden. Das Innere desselben strahlt von Gold, und der
blaue Grund wird von zahlreichen vergoldeten oder versilberten
Verzierungen gehoben. Sein Umfang und seine ganze innere Ein-
richtung sind auf die höchste Vollkommenheit theatralischer Vor-
stellungen und auf den herrlichsten Genuß für die, Zuschauer be-
rechnet. Die Lange mit Einschluß des Portikus betrügt über 520
und die Breite über 169 F. Das Parterre ist gegen 100 Fuß
lief und etliche 89 breit. Die Bühne selbst hat gegen 129 Fuß
Tiefe und gegen 69 F. Breite. 124 große Bogen sind in 5 Eta-
gen angelegt und über ihnen ist noch eine Gallerie. Durch alle
5 Etagen ist jede Loge mit einem 5armigen Leuchter von Außen
erhellet und über dem Parterre hangt ein prächtiger Kronleuchter
mit 3 Reihen der schönsten Astrallampen. Die königliche Loge,
der Bühne gerade gegenüber, nimmt die Höhe von zwei Logen-
reihen ein, voll der prachtvollsten Verzierungen und von den herr-
lichen Krön- und Armleuchtern aufs blendendste erhellet. Die
Sitze im Parterre sind mit grün safsianen Kissen und dergleichen
gepolsterten Rücken - und Armlehnen versehen. Die Decke schmückt
ein überaus schöner Plafond, und der Vorhang ist überaus präch-
tig. Der Anblick bei voller Beleuchtung, welche nur an großen
Festtagen Statt findet, ist bezaubernd. 5) Die Kirche des hei-
ligen Januarius, des Schutzpatrons von Neapel, der unter
der Regierung des Römischen Kaisers Diocletianus (regierte zu
Ende des dritten und Anfang des vierten Jahrhunderts nach Chri-
sti Geburt), nach vielen vorher ausgestandenen Martern, wodurch
man ihn zur Beobachtung heidnischer Gebrauche zwingen wollte,
enthauptet wurde. Der Sage nach, sammelte eine fromme Person
zu Puzzuoli, wo der Heilige enthauptet wurde, 2 Fläschchen von
seinem Blute und verehrte diese dem Bischöfe von Neapel. Die-
ses Blut nebst dem Leichname und dem Kopfe des heiligen Ja-
nuarius wird in dieser Kirche aufbewahrt, und jährlich dreimal
zu verschiedenen Zeiten des Jahres, nämlich 8 Tage hindurch im
Mai, eben so lange im September und das letzte Mal am 16.
Dezember, als dem Jahrestage des Heiligen, bringt man, unter
großen Feierlichkeiten, dies in dem Fläschchen befindliche Blut dem
Kopfe des Heiligen nahe, um es durch seine Wunderkrast flüßig
zu machen. Zeigt sich das Blut bald flüßig, so überlaßt sich das
Volk einem unbeschreiblichen Freudentaumel, weil man glaubt,
daß das Jahr für. das Land glücklich seyn werde; wenn es aber
nur langsam in Fluß kommt, so wird der Himmel mit Gebeten,