1. Bd. 1
- S. 515
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Oesterreich.
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chen und Flüssen Deutschlands und anderer Europäischen Lander,
z. B. außer den genannten Oesterreichischen Landern, in Baiern,
Sachsen rc. Von diesen Perlenmuscheln kommen die Europäischen
Perlen, welche von geringerm Werthe als die in Asien und Amerika
gewonnenen sind. Die berühmteste Perlensischerei Deutschlands ist
im Königreich Sachsen, wo sich in Voigtlandischen Kreise von Adorf
bis Oelßnitz in der weißen Elster und ihren Nebenbachen Banke von
Perlenmuscheln finden, die aber auch nur selten schöne und werthvolle
Perlen liefern. Im Dresdner Naturalienkabinette zeigt man eine
große Sammlung von Elsterperlen. Die andere Art der Perlenmu»
schein gehört zur Gattung der Miesmuschel heißt Perlenmuttermu-
schel, und diese ist es, welche die schönsten und kostbarsten Perlen in
Asien und in Amerika giebt. Man findet die Perlen theils in dem
diese Muscheln bewohnenden Thiere selbst, theils inwendig an der
Schale. Bei Beurtheilung des Werthes und der Schönheit der Per-
len kommt es auf ihre Größe, Gestalt und Glanz, so wie auch auf
die Farben an. In Europa halt man die weißen, wasserhellen für die
kostbarsten; in verschiedenen Gegenden des Orients stehen die farbi-
gen in größerem Ansehen; denn man hat sie von fast allen Farben,
gelblich, grünlich, schwärzlich, röthlich rc. Die Perlensischerei in
Asien und Amerika, wo man die Perlenmuttermuscheln aus der
Tiefe des Meeres holen muß, ist gefahrvoll und schwierig. Diejeni-
gen, welche sich mit diesem Geschäfte abgeben, heißen Taucher und
werden entweder in einem Korbe oder in einer sogenannten Taucher-
glocke an Seilen ins Meer hinabgelassen. Oesters werden sie bei die-
sem Geschäfte ein Raub der Haifische, weshalb sie mit einem an bei-
den Enden zugespitzten Stocke bewaffnet sind, den der Taucher in der
Mitte faßt und wenn er von einem Haifisch angegriffen wird, ihn in
den offenen Rachen des Ungeheuers stößt, so daß dieses, wenn es
seine Beute zu ergreifen sucht, die Kinnladen auf den zwei scharfen
Spitzen schließt. So befestigt, kann es nicht schaden, sondern schwimmt
mit dem Marterstock davon; der Taucher geht in die Höhe und holt
sich eine neue Waffe. Berühmt ist die Perlensischerei um die Insel
Ceylon in Asien herum, welche mehr als 250 Schiffe beschäftigt, die
mit ihrer Mannschaft, den Tauchern und den dazu gehörigen Werk-
zeugen von der Küste Ostindiens herkommen. Unter dem Wasser
dringt dabei der Taucher nie langer als iz Minuten zu, wahrend
welcher Zeit er, wenn die Perlenbank reichhaltig ist, ohngefahr 150
Muscheln einsammeln kann. Die meisten dieser Menschen bluten
aus Nasen und Ohren, wenn sie wieder an die Luft kommen. Auch
die Perlensischerei in dem Persischen Meerbusen in Asien, für welche
die Bahrein-Inseln den Mittelpunkt bilden, ist sehr bedeutend
und liefert jährlich für 2 Mill. Fl. an Perlen zur Ausfuhr. Die
Bahrein-Inseln schicken jährlich an 1000 Boote und eben so viele
die benachbarten Gegenden zu dieser Perlensischerei. Die Taucher
sind Araber und Negersklaven, die von Jugend auf dafür erzogen
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