1. Bd. 1
- S. 553
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Oesterreich.
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ihre Besitzungen in Tyrol vermachte. So gelangte Tyrol an das Haus
Oesterreich - Habsburg, welches dasselbe zu seinem jetzigen Umfang
erweiterte und es bis 1805 besaß, in welchem Jahre, vermöge des
Preßburger Friedens, Tyrol an Baiern kam und mit Ausnahme ei-
niger Theile, welche von demselben zu dem Königreich Italien und
zu den Jllyrischen Provinzen geschlagen wurden, bis 181 \ eine Bay-
rische Besitzung blieb; allein in dem genannten Jahre gelangte Oester-
reich wieder zum Besitze des ganzen Tyrol, welches hieraus auch die
Salzburgischen Enklaven damit verbunden hat.
Das Königreich Böhmen.
Böhmen hat seinen Namen von den Bojern, einem Eeltischen
Volksstamme, die als die ersten Bewohner dieses Landes in der
Geschichte vorkommen. Wahrscheinlich wurden sie von den Marco-
mannen vertrieben, deren berühmter König Marbod sein Reich
nach allen Richtungen über die Gränzen Böhmens ausdehnte. Die
Marcomannen machten in der Folge viele Einsalle in das angran-
zende Römische Gebiet, bis ihr Name im 5ten Jahrhunderte bei
der Völkerwanderung verschwand. Unterdessen waren in Böhmen
eingewanderte Slaven, welche den Namen Czechen (die Vorder-
sten) in Rücksicht der Lage ihres Wohnsitzes von den übrigen östli-
cheren Slavischen Völkersiammen erhielten, vorherrschend geworden.
Von jener Zeit sprechen nur Sagen und erwähnen unter andern eines
Fürsten Przemysl, der in der ersten Halste des 8. Jahrhunderts
regierte und der Stammherr einer lang herrschenden Dynastie wurde,
bis erst mit dem Jahre 805 die Böhmische Geschichte aus dem
Dunkel der Ungewißheit tritt, seitdem nämlich die Heere Karls
des Großen in Böhmen eindrangen und es dem Fränkischen Reiche
zinsbar machten; bei dessen Theilung es zum deutschen Reiche kam,
und seine Oberlehnschaft anerkannte. Durch das Christenthum,
das sich im 9. Jahrhunderte unter den Czechen verbreitete und
durch die häufigen Einwanderungen von Deutschen, welchen die
Czechen den Ansang ihrer Civilisation verdankten, kamen die Böh-
mischen Herzoge in nähere Verhältnisse mit dem Deutschen Reiche.
Einer dieser Herzoge Boleslaw Ii. brachte im 10ten Jahrhun^
derte Mahren unter die Herrschaft Böhmens und W r atislaw Ii.
erhielt 1068 vom Kaiser Heinrich Iv. den Titel als König; doch
erst unter Ottokar I. (regierte 1198 — 1230) gelang es das
Königthum beständig upd die Erbfolge sicher zu machen. Sein
Sohn Ottokar 11. war der mächtigste unter den Königen Böh-
mens, indem er außer Böhmen und Mahren auch Oesterreich,
Stryermark, Kärnthen und Krain besaß, diese letztern Länder je-
doch 1276 wieder verlor und sie an Rudolph von Habsburg ab-
treten mußte. Mit seinem Enkel Wenzel Iii. starb 1306 der
Mannsstamm der Przemysl aus, welcher fast 600 Jahre über