1. Bd. 1
- S. 582
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
582
Oesterreich.
weiche den bisherigen Woiwoden von Siebenbürgen, Johann
von Zapolpa (Grafen von Zips), zu ihrem König erwählte. Der
hierüber entstandene Krieg wurde 1555 damit beendigt, daß Zapolya
den Titel König vpn Ungarn führen und Siebenbürgen nebst eini-
gen Theilen Ungarns als ein eigenes Fürstenthum besitzen sollte,
unter der Bedingung, daß es nach seinem Tode, falls keine männ-
liche Erben von ihm vorhanden wären, an den König Ferdinand
gus hem Oesterreichischen Hause zurückfiele. Allein der Sohn die?
ses Zapolya war, nach dem Tode seines Vaters 1540, mit dem
Besitze ^Siebenbürgens nicht zufrieden, sondern machte auf den
konigl. ^.itel von Ungarn und selbst auf ein größeres Land An-
spruch und wurde hierin von dem Türkischen Sultan Soliman
unterstützt; doch mußte er zuletzt von seinen Ansprüchen abstehen
twd es wurde bestimmt, daß nach seinem Tode die Stände von
Siebenbürgen berechtigt seyn sollten, ihren Fürsten frei zu wählen,
nur daß er Vasall der Ungarischen Krone verbliebe; und so ge-
langten seitdem verschiedene Siebenbürgische Edle, worunter der
berühmte Stephan Bathory, der auch durch Wahl König von Po-
len wurde, auf den Thron Siebenbürgens. Der letzte dieser Für-
sten war Apaffy, welcher 1699 sich von Oesterreich zur Abtre-
tung seines Landes bewegen ließ; allein es vergingen doch noch
14 Jahre bis Siebenbürgen im I. 1713 völliges Eigenthum des
Hauses Oesterreich wurde.
Kronstadt, die größte und zugleich gewerbfleißigste und
den stärksten Handel treibende Stadt Siebenbürgens, liegt in dem
schönen und fruchtbaren sogenannten Burzenlande, in einem en-
gen von O. nach W. sich erweiternden und reich bewässerten Thale,
und besteht aus der innern, von lauter Sachsen bewohnten Stadt
und den großen Vorstädten, die ein geräumiger, freier, 600 bis
1200 F. breiter Platz von der Stadt trennt. Unter den Vor-
städten ist die obere oder Bulgarei am größten, meistens von
Wallachen bewohnt und zwischen Obst-, Küchen und Blumengär-
ten gelegen. In der Vorstadt Blumen au wohnen Szekler.
Ganz Kronstadt enthält jetzt 3400 Häuser und gegen 36,000 E.
Unter den verschiedenen Handwerkern müssen vorzüglich die vielen
Tuchweber, die jährlich an 40,000 Stück Tuch machen, die 50
Flaschendrechsler, die aus Ahornholz über 30,000 Flaschen oder
Csuttern verfertigen und an 600 Schnürmachec und Klöpplerin-
nen in der Wallachischen Vorstadt bemerkt werden, die jährlich
gegen 200,000 Stück wollene Schnüre liefern, welche bis in die
Asiatische Türkei gehen. Kronstadt hat eine hohe Lage (fast 2000
F. über dem mittelländischen Meere) und wird in der Nähe von
mehreren Bergen umschlossen, worunter der südlich liegende B u r g-
oder Kapcllenbecg über 1200 F. höher als die Stadt ist, und
von seinem Gipfel eins herrliche Aussicht gewahrt. Etwas un-
terhalb des Gipfels ist eine Höhle, das Nonnen loch genannt,