1. Bd. 1
- S. 616
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
616
Deutsch land.
allmähli'g den schrecklichen Zojährigen Krieg vor, dessen Anfang je-
doch erst in die Regierungszeil des Kaisers Matthias siel, und
1618 zu Prag mit dem Herabstürzen der kaiserlichen Rathe aus
den Fenstern des Schlosses seinen Anfang nahm. Vornehmlich
aber traf dieser Krieg in die Regierungsjahre der Kaiser Ferdi-
nands Ii., eines eifrigen, intoleranten Katholiken, der 1619 auf
den Deutschen Thron gelangte und Ferdinands Iii., der ihm
1637 auf dem Throne folgte. Unter diesem Kaiser machte 1648
der Westphalische Frieden diesem langen, Deutschland so
äußerst verderblichen Kriege, an welchem Frankreich, Spanien,
Oesterreich, England, Deutschland, die vereinigten Niederlande,
Dänemark und Schweden mehr oder weniger lebhaften Antheil
nahmen, und der vorzüglich auf Deutschem Boden geführt wurde,
ein ersehntes Ende und brachte in der Deutschen Verfassung die
wichtigste Veränderung vor. An Frankreich trat Oesterreich seine
Besitzungen im Elsaß ab; und die andern dabei bethciligten Mäch-
te wurden größtentheils auf Kosten geistlicher Länder, die man sä-
kularisirte, befriedigt. So erhielt z. B. Schweden Vorpommern,
das Erzstift Bremen und das Hochstift Verden; der Kurfürst von
Brandenburg das Erzstift Magdeburg bis aus einen kleinen Theil,
und die Stifter Halberstadt, Minden und Kammin; Kursachsen
die Lausitz; Raiern die Kurwürde nebst der Oberpfalz rc. Für
den Pfalzgrafen am Rhein wurde eine neue Kurwürde, die 8. ge-
stiftet. Aber dieser Frieden, wodurch auch die Grundlage der
nachmaligen Deutschen politischen und religiösen Verfassung festge-
setzt wurde, so daß künftig zwei völlig gleich berechtigte Religionen,
die katholische und protestantische im Deutschen Reiche seyn ünd
den Deutschen Fürsten sowohl die Landeshoheits - als auch in Rück-
sicht auswärtiger Mächte alle Souveränirätsrechte zustehen sollten,
kostete Deutschland nicht nur große Opfer, sondern ließ es auch in
dem Zustande einer solchen Schwäche zurück, daß es seitdem größ-
tentheils ein Spielwerk seiner mächtigern Stände wurde. Die
Kaiserwürde verlieh bloß äußerlichen Glanz, aber keinen wirklichen
Nutzen, die dem Kaiser verbliebenen Rechte waren äußerst gering
und die Reichsarmee war zum Gespötte geworden. Während die-
ser Schwäche Deutschlands im Allgemeinen stieg aber die Macht
einzelner Fürsten desselben, besonders erhob sich Oesterreich zu ei-
ner der ersten Europäischen Mächte empor und Preußen legte un-
ter seinem großen Kurfürsten (Friedrich Wilhelm dem
Großen) den Grund zu einer Größe, die sich erst im 18. Jahr-
hunderte völlig entwickelte und in Deutschland eine der Oesterrei-
chischen das Gleichgewicht haltende Macht bildete. Durch d'.e Ver-
einigung der Oberpfalz mit Baiern bekam dieses Kurfürstenthum
eine bedeutende Stärke; der Kurfürst von Sachsen, der durch die
Lausitz sein Land ansehnlich vergrößert erhielt, wurde zu Ende des
17. Jahrhunderts zugleich König von Polen; und Braunschweig -