1. Bd. 1
- S. 634
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
f
634 Deutschland.
im Süden als im Norden; Kaffee, allgemein verbreitet und bei
Len niedern Ständen oft die Stelle der Mahlzeiten vertretend;
Bier, am meisten in Nord - und Mitteldeutschland und in Bai-
ern, letzteres durch sein Bier, das für das beste in Deutschland
gilt, vorzüglich berühmt; Wein mehr im Süden als im Norden,
Obstwein im mittlern Deutschland am stärksten verbreitet, Brannt,
wein irn nördlichen Deutschland am gewöhnlichsten, Milch Vorzugs»
weise in den Alpenländern, Thee im nordwestlichen Deutschland
am häufigsten. Sehr verbreitet sind auch das Rauchen und
Schnupfen des Tabaks.
Eine allgemeine Nationaltracht haben die Deutschen nicht.
Die ewig wechselnde, oft lächerliche Mode regiert besonders in den
Städten um so mehr, je größer sie sind, indem die höhern Volks-
klaffen den Modegesetzen gehorchen, welche Paris und London vor-
schreiben. Die untere Klaffe hauptsächlich in den Gebirgsgegenden
und auf dem Lande hat noch manches Eigenthümliche in der lang
hergebrachten Tracht. Doch verdrängt auch hier der immer weiter
um sich greifende Luxus nach und nach die wenigen Spuren der
vormals bestandenen und beliebten Trachten, an denen man jeden
Bewohner leicht nach seiner heimischen Gegend erkennen konnte.
Die gewöhnlichsten Veranlassungen zu Vergnügungen geben
die Jahrmärkte, Kirmsen oder Kirchweihen, Taufen und Hoch-
zeiten, die Scheiben- und Vogelschießen, die Weinlesen, die Erndte-
feste rc. Auch haben manche Städte und Orte ihre ihnen eigen-
thümlichen Volksfeste. Tanz, Musik, Kegel-, Würfel- und Kar-
tenspiele sind gleichfalls sehr beliebt.
Man findet bei den Deutschen alle Arten von menschlichen
Wohnungen, von den elendesten Hütten bis zu den prächtigsten
Pallästen und man darf nicht erst in entfernte Länder zu halb-
wilden Völkern, sondern nur auf die Alpen gehen, um zusam-
mengehäufte Steinklumpen, mit einem innern Raume, ohne Fen-
ster, ohne Rauchfang, ohne Hausgeräth, oft ohne Thüre zu se-
hen, die jedoch nur während des Sommers Menschen zu Woh-
nungen dienen. Im Uebrigen findet man überall, wo der Teutsche
sich eine feste Wohnstätte errichtet, mehrere Reinlichkeit und Be-
quemlichkeit als bei den Slaven und bei den andern Völkern, die
nicht Germanischer Abstammung sind. Die Häuser sind entweder ganz
aus Holz (wie im Alpenlande häufig) oder aus Holz und Lehm,
oder aus Holz und Steinen, oder ganz aus Steinen sowohl na-
türlichen als gebrannten. Die Dörfer in Süddeutschland, beson-
ders in den Rheingegenden zeigen viele im städtischen Geschmacke
erbaute Hauser, gepflasterte Straßen und übertreffen oft an Bau-
art und Einwohnerzahl die Landstädte Norddeutschlands. Auch
im Erzgebirge und in den Gebirgsgegenden der Lausitz findet man
schöne Dörfer. In einigen Gegenden Süddeutschlands, z. B. in
Oberschwaben, im Schwarzwalde, in den. Gebirgsgegenden Altbai-