1. Bd. 1
- S. 740
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Deutschland.
an, daher sie denn auch von ihrer Neichsstandschast eine lange
Zeit noch keinen Gebrauch machen konnte. Durch Handel reich
geworden und zu dem Hansabund übergetreten, entzog sie im 13.
Jahrhunderte mehr und mehr sich der Herrschaft der Erzbischöfe
und machte sich von ihnen fast ganz unabhängig. Durch den
Westfälischen Frieden 1648, welcher das Erzbisthum Bremen in
ein Herzogthum verwandelte und den Schweden überließ, wurde
der Stadt Wremen zugleich ihre Freiheiten, Gerechtigkeiten und
Privilegien mit der völligen Reichsunmittclbarkeit bestätigt; doch
dauerten die Widersprüche Schwedens und hernach Hannovers,
das zu dem Besitze des Herzogthums Bremen gelangte, gegen ihre
Reichsfreiheit fort, bis endlich 1731 von Hannover allen Einsprü-
chen dagegen entsagt und ihr die Reichsfreiheit völlig zugesichert
wurde. Sie behielt dieselbe auch, als zufolge des Luneviller Frie-
dens und des darauf erfolgten Reichsdeputationsabschlusses 1803,
die meisten Reichsstädte Deutschlands aufhörten, und außerdem er-
hielt sie die Befreiung von allen fremdherrlichen Gerichtsbarkeiten
in der Stadt und einige Dörfer. 1810 vereinigte sie Napoleon mit
dem französischen Kaiserreiche, bis 1813 die Schlacht bei Leipzig
und der Wiener Kongreß 1815 ihr ihre Unabhängigkeit wieder
verschafften, und sie nun als eine freie Stadt in den Deutschen
Wund aufgenommen wurde. 1827 erhielt sie von Hannover einen
kleinen Landstrich an der Mündung der Geeste in die Weser zur
Anlegung eines neuen Hafens, 7 M. nördlich von der Stadt ab-
getreten, welcher auch 1850 unter dem Namen des Bremerha-
fens eröffnet worden ist.
Bremen liegt in einer flachen, sandigen Gegend an der
Weser, welche es in zwei ungleiche Hälften theilt, wovon die Alt-
stadt, der bei Weitem größere Theil von Bremen auf dem rechten
und die kleinere Neustadt auf dem linken User des Flusses, 15
Ni. von dessen Mündung in die Nrrdsee, erbaut ist. Ein Arm
der Weser zerschneidet die Neustadt in den nördlichen kleinen und
südlichen größcrn Theil. Zu diesen Haupttheilen Bremens kom-
men noch die Vorstädte. Die vormaligen Festungswerke sind in
liebliche, mit Geschmack angelegte und mit Sorgfalt unterhaltene
Spaziergänge und Anlagen verwandelt, wodurch das alterthümliche
Bremen ein viel freundlicheres Ansehen gewonnen hat. In der
Altstadt sind die Straßen krumm und enge, in der Neustadt brei-
ter und gerade; doch hat die Altstadt weit größere und ansehnli-
chere Häuser, größtentheils sehr hoch, mit spitzigen Dächern und
mit nach der Straße zu stehenden Giebeln, dabei sehr mit Fen-
stern überladen und häufig an dem untersten Stock mit einem
Vorbau oder Erker versehen. Keinesweges ist also Bremen eine
schöne Stadt, aber groß und von mehr als 40,000 Menschen be-
wohnt , allein bei Weitem nicht so lebhaft als Hamburg. Den
höchsten Thurm der Stadt hat die Ansgaritkirche, der sich bis zu