1. Bd. 1
- S. 759
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Kurhessen.
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(in Steinmassen. Von einem dieser Felsen rieselt ein schmaler
Vach durch eine zackige Schlucht. Verfolgt man diesen Vach auf-
wärts, so erklimmt man den Felsenkamm nach dem Schwalben-
thale zu, und steht plötzlich vor der Oeffnung eines wilden Berg-
kessels, in dessen Tiefe eine Moorwiese und der Frau Hollen«
Teich sind. An der .Mittagsseite des Berges ist eine andere
'Naturmerkwürdigkeit, die sogenannte K i tz- oder Käutzkammer,
eine ungeheure Grotte von Basalt, dessen regelmäßige Säulen
wagerecht über einander liegen und majestätische Massen bilden.
Mitten im Felsen ist die eigentliche Kktzkammer, ein Zimmerchen
von Basalt, worauf man die Namen vieler Reisenden findet.
Cassel, die Haupt - und Residenzstadt Kurhessens, ist zwar
nur eine Stadt von mittlerer Größe, mit 1600 Häusern und
26,300 E., gehört aber zu den merkwürdigsten und sehenswür-
digsten Städten Deutschlands, was sie vorzüglich den Bemühun-
gen ihrer Regenten der neuern Zeiten verdankt. Von der nord-
östlichem Seite, von der über die Lutternberger Höhe laufenden
Chaussee aus, die von Münden nach Cassel führt, fallt sie am
vortheilhaftesten in die Augen, und gewährt von da aus einen
überraschend schönen Anblick, der durch die reizenden Umgebungen
und den durch das schöne Thal sich schlängelnden ansehnlichen
Fuldafluß sehr erhöhet wird. Man übersieht hier die an
einer kleinen Anhöhe sich erhebende Stadt mit dem berühmten
Lustschlosse Wilhelmshöhe, und verliert sich mit seinen Blicken kn
den den Horizont ringsum umgebenden Bergen und Höhen. Der
tiefste Theil der Stadt liegt an der Fulda, welche dieselbe durch-
schneidet und an deren linken Ufer der größere, und an dem rech-
ten Ufer der kleinere Theil der Stadt sich ausbreitet, die durch eine
273 F. lange steinerne Brücke mit einander verbunden sind. Außer
dem Druselgraben, der auf dem Habichtswalde entspringt, fließen
durch die Stadt noch drei Bäche, nämlich die Ah na, die Mohn-
bach und die Losse, wovon die erstere die Mohnbach aufnimint,
und so wie die Losse bei Cassel sich in die Fulda ergießt. Cassel be-
steht aus der Altstadt, der Oberneustadt und der Wilhelmshöher
Vorstadt, welche auf dem linken und der Unterneustadt und der Leip-
ziger Vorstadt, welche auf dem rechten Fuldaufer liegen. Die Alt-
stadt und die Unterneustadt sind im Ganzen von keiner schönen
Bauart, und enthalten neben manchen großen, schönen, im neuern
Style erbauten Häusern, auch viele alte, unansehnliche und unregel-
mäßige; die Oberneustadt hingegen, auch Französische Neustadt ge-
nannt, weil sie von Französischen vertriebenen Reformirten 1635
angelegt wurde, ist regelmäßig und geschmackvoll gebaut, und gehört
zu den schönsten Städten Deutschlands. Unter den Straßen dersel-
den, diealle40 bis 60f. breit und schnür gerade sind, zeichnen sich vor-
züglich ^aus: die Königsstraße, die bei einer Breite von 60 Fuß
eine Länge von 4500 F. hat, und durchgehends mit schönen, zum