1. Bd. 1
- S. 786
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Deutschland.
de selbst aus einer eigenen Thonerde, mit besonderer Vorsicht ge-
brannt werden; so wie auch bei dem Füllen derselben die größte
Sorgfalt und Reinlichkeit beobachtet wird. Der Brunnen ist
kaum einen Büchsenschuß vom Dorfe, hart an der Frankfurter
Straße, neben einer waldigen Höhe, und mit zierlichen Gebäu-
den und Spaziergangen umgeben. Die Quelle sprudelt aus der
Tiefe mit starkem Brausen und zahllosen Blasen sehr mächtig
empor und liefert im Durchschnitt in jeder Minute 20 Maaß,
täglich 28,800 Maaß, mithin jährlich 1-17,000 Ohm klares, kry-
stallhelles Wasser, welches seit Jahrhunderten noch immer sich
gleich geblieben und von einem höchst lieblichen Geschmacke ist, und
sich besonders durch seinen großen Gehalt an kohlensaurem Gas
auszeichnet. Der Behälter der Quelle ist ein 18 F. tiefes, unbe-
decktes Viereck, mit gehauenen Sandsteinen ausgemauert, mit ei-
chenen Bohlen ausgesetzt und mit einem hölzernen Kranze umge-
den. Die ganze Wassermasse des Behälters halt 108 Kubikfuß.
An der Quelle selbst wird das Wasser von dahin sich begebenden
Kurgästen nur wenig gebraucht; doch finden sich zur Aufnahme
derselben in dem Dorfe mehrere Wohngebäude und Gasthäuser.
Ems, ein aus Badems und Dorfems bestehender
Marktflecken, gehört wegen seiner Mineralquellen, die theils zum
Trinken theils zum Baden gebraucht werden, zu den berühmtesten
und besuchtesten Kurörtern. 1854 waren hier (bis zum 26. Au-
gust) 5200 Kurgäste, 1145 Durchgereiste ungerechnet. Da die
Wasser von Ems nicht stürmisch und angreifend, sondern sanft
und doch tief eindringend wirken, so sind sie ganz vortrefflich für
reizbare, nervenschwache Personen und ganz vorzüglich für Frauen.
Ems liegt in einem engen, romantischen Thäte an der Lahn, am
Fuße steiler Felsen, worunter die wunderlich gestaltete und Bä-
derleye genannte Felsengruppe ein? merkwürdige Höhle enthält
und fast senkrecht aufsteigt, und der bis zu seinem Gipfel bepflanzte
Baderberg an seinem Fuße hübsche Gärten und Weinberge
zeigt. Am jenseitigen Ufer der Lahn, welches mit dem diesseitigen
durch eine Schiffbrücke verbunden ist, erheben sich gleichfalls, aber
minder steile Berge. Es giebt zu Ems sehr viele Mineralquellen
von einer sehr verschiedenen Temperatur; die kühlern haben
eine Temperatur von 18 bis 21" die warmem von 38 bis
44" Reaumur. Das Kurhaus, mit 85 Bädern und 200
Wohnzimmern enthält 16 Quellen, welche in 24 Stunden
eine Wassermasse von 12,600 Kubikfuß liefern. Unter diesen
Quellen sind die 2 Trinkquellen der Kesselbrunnen und das
Kränchen, von welchen beiden auch jährlich 50,000 Krüge ver-
sendet werden. Kein Trank ist wohlthätiger für die schwache Brust
als das heilsame, zarte Wasser dieser beiden Quellen. Zu Bä-
dern werden benutzt der Wilhelmsbrunnen, der Wappenbrunnen,
die Bubenquelle, die so manchen Wunsch erfüllte, nahe bei wel-