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1. Bd. 1 - S. 935

1835 - Eisleben : Reichardt
Preußischer Staat. 935 die Gaben zunahmen, so miethete Franke 2 Stuben in seines Nachbars Hause für die Schule, trennte die armen Kinder von den Bürgerkin- dern weil die Bedürfnisse sehr verschieden waren, und setzte für jede Schule einen Lehrer ein. Nachdem diese 2 Schulen eine Zeitlang bestanden hatten, merkte Franke wohl, daß manchen Kindern auch mit der Schule nicht geholfen sey, und daß eine Armenerziehungsanstalt ein Vaterhaus für manche werden könnte. Der Gedanke ward bald zur That. Franke wollte sich aus 4 Geschwistern ein Kind aussuchen, um damit anzufangen; allein wie er alle 4 in gleichem Elend und gleich bedürftig der Hülfe sah, unterließ er das Wahlen und nahm alle vier. Ec brachte sie bei guten Bürgern unter und bezahlte für jedes wöchent- lich \ Thaler. Bald vermehrte sich die Zahl seiner Waisen bis auf 12. Zum Aufseher setzte er über diese Kinder einen Studenten, und dieselbe wohlwollende Hand, welche einige Zeit vorher 500 Rthlr. ihm einge- händigt hatte, überlieferte ihm im Winrer 1695 die Summe von 1000 Rthlr., womit nun schon viel ausgerichtet werden konnte; unter andern ward auch des Nachbars Haus erkauft. Im Sommer 1696 bauete er 2 Stuben daran und brachte die 12 Waisenkinder darin unter. Dies war der erste Anfang des Hallischen Waisenhauses. Als sich die Waisen vermehrten, so setzte man einen besondern Hauswirth an und kochte nicht bloß für die Waisenkinder, sondern auch für arme Stu- denten, aus denen man die Lehrer nahm. Bald ward es nöthig, das nächst angränzende Haus für 300 Rthlr. dazu zu kaufen und mit dem ersten zu verbinden. Die Armenschule ward allmalig in 4 Klassen ge- theilt, 2 für die Mädchen und 2 für die Knaben. Im I. 1699 kam eine besondere Schule für solche hinzu, welche studiren wollten, und er- hielt gleich zu Anfang 3 Klassen. Im Frühjahre 1698 waren 100 Kinder im Waisenhause, ohne die Schüler, und 73 arme Studenten wurden darin gespeist, so daß mit den angestellten Beamten täglich 200 Menschen in dem Hause gespeist wurden. Franke kaufte jetzt ein groß- ßes Haus mit Garten und einem ausgedehnten davor liegenden Platze für fast 2000 Rthlr. und beschloß ein für seine Anstalten zweckmäßiges Haus zu bauen, obgleich er dazu kein Geld hatte. Den 13. Julius 1698 legte er den Grundstein zu dem jetzigen Waisenhause und sehte den Bau so ernstlich fort, daß den 13. Julius 1699 das Gebäude un- ter Dach gebracht und Ostern 1700 bezogen ward. Es ist wahrhaft wunderbar, wie die unsichtbare Hand Gottes Franke bei diesem Bau unterstützte; denn oft hatte er keinen Pfennig, wenn er hunderte von Thalern auszahlen sollte; aber doch fügte es sich stets so, daß, wenn Geld unumgänglich nöthig war, auch etwas ankam. — Im innern oder Mittelhofe des Waisenhauses, dicht vor dem Pädagogium auf einem erhöheten Platze, zu welchem eine Treppe führt, hat man 1829 diesem Stifter des Hallischen Waisenhauses ein Denkmal errichtet, nach dem Modell des Professors Rauch in Berlin von Bronze gegossen. Die Gruppe ist über Lebensgröße, 6 F. hoch ausgeführt, und ruht auf einem
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