1. Bd. 1
- S. 979
1835 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Preußischer Staat.
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halb erhaben, das wegen der schönen Arbeit bewunderte kolossale, 16
— 20 F. hohe Bild der heiligen Jungfrau mit dem Jesuskinde auf
dem Arme hervor. Die Gestalt hat ein goldenes Unterkleid und darü-
der ein rothes Gewand mit goldenen Verzierungen; die freie Hand halt
einen eisernen Szepter, der einem Lilienstängel nicht unähnlich ist. Die
Oberfläche des Bildnisses und der Nische besteht aus Mosaik, welches
aus kleinen drei- und viereckigen Platten von einer rothen, undurchsich-
tigen Glasmasse gebildet ist.
b) Ostpreußen.
Königsberg, die Hauptstadt der ganzen Provinz Preußen, gehört
zu den größten Städten des Staates, indem der Umfang derselben fast
2 M. beträgt, auf welchem Raum 4100 Wohnhäuser mit 62,400
Menschen, wobei jedoch das Militär nicht mitgerechnet ist, sich befinden.
In diesem großen Umfange sind aber auch viele Gärten, selbst Wiesen
und Felder wenigstens in den äußeren Stadttheilen eingeschlossen und
sogar ein 47 Morgen haltender Teich, der Schloßt eich genannt, der
sich im Innern des nördlichen Theiles der Stadt von dem außerhalb
des Walles befindlichen Oberteiche von N. nach S. gegen 2000
Schritte lang zieht. Uber ihn führt eine lange Brücke, von welcher
man eine reizende Aussicht genießt, denn der Teich ist rings von Gär-
ten umgeben, welche hinter den Häusern der angränzenden Straßen mit
mannigfaltiger Verzierung bis an das Ufer sich erstrecken, und an die-
sem häufig mit Lusthäusern oder Balkons bebauet sind. Dieser große
Teich, die Gärten, Wiesen und Felder tragen in das Bild der Stadt
ländliche Reize und Mannigfaltigkeit, während man auf der andern
Seite die lebendigen Ansichten großer Handelsstädte findet. Besonders
erblickt man an den Ufern des Pregel das lebhafteste Menschengewühl.
Dieser Strom mit Schiffen von allerlei Bauart bedeckt, welche theils
beladen, theils ihrer Waaren entledigt werden, der Jubel, mit welchem
das ankommende Schiff empfangen wird, die herzlichen Wünsche, welche
dem abgehenden folgen, die Vermischung verschiedener Sprachen unter-
halten den Zuschauer. Im Winter sieht man den mit Eis bedeckten
Fluß von vielen Schlitten befahren und an heitern Tagen von Spa-
ziergängern häufig besucht. Königsberg liegt nämlich an dem Pregel,
einem zwar nur 270 Fuß breiten, aber 30 F. tiefen, schiffbaren Fluffe,
der 2 M. oberhalb Königsberg sich in 2 Arme theilt, wovon der rechte
der neue, der linke der alte Pregel heißt. Beide Arme dringen in
die Mitte der Stadt ein, bilden die Insel und den Stadttheil Kneip-
hof, vereinigen sich hierauf bei der Honig- und grünen Brücke, und
der vereinigte Strom fällt 1 Meile unterhalb Königsberg in das frische
Haff. Auf dem Meere ist Königsberg in einer Entfernung von 8, auf
dem Lande von 3 — 4 M. sichtbar. In der Nahe fallt es am vortheil-
haftesten vor dem Friedländer Thore in die Augen. Die Stadt liegt auf
einem unebenen Boden und zum Theil auf bergigen Anhöhen; indem in
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