1. Bd. 3
- S. 59
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Nordpolarländew
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rung dieser Reisenden, einen nach allen Regeln der Baukunst unter-
richteten Baumeister befriedigen. Werden diese Hütten in der Folge
ganz verschneit, so erkennt man sie nur noch an ihren Fenstern für
menschliche Wohnungen und die von dem innerhalb brennenden Lichte
beleuchtete Scheibe gewahrt bei Nacht einen seltsamen Anblick. Übri-
gens herrscht in dem Innern dieser Hütten die äußerste Unordnung,
indem Kleider, Geräthschaften und Lebensmittel bunt durch einander
liegen; und Schmutz, Rauch und Unrath verwandeln diese Gemacher
in finstere und stinkende Höhlen.
Die Winterwohnungen der im Russischen Amerika lebenden Es-
kimos sind nach der Erzählung Beecheys ein Stück in die Erde ge-
graben und mit auf hölzernen Stangen gelegtem Moose gedeckt, und
das Licht fällt durch ein im Dache angebrachtes Loch ein, welches mit
Därmen von Seethieren überspannt ist. Wenn dann der Sommer
herannaht, in welchem sie ihre Wanderungen antreten, so schiffen sich
die dasigen Eskimos mit ihren Familien in ihren Baidaren (Kähnen)
ein und zerstreuen sich an der Küste, um Nahrung und Speise für
den folgenden Winter aufzusuchen. So werden denn fast alle Land-"
spitzen und Flußmündungen von den Eskimos besetzt. Dort bringen
sie ihre Zeit mit dem Fange der Lachse, Seehunde, Wallroffe, Nenn-
thiere und Pelzthiere hin, unter welchen letztern die Biber von ausge-
zeichneter Qualität sind. In den Dörfern führen während des Som-
mers einige der ältern Frauen nebst Kindern, denen ein oder 2 junge
Männer beistehen, die Aufsicht. Diese haben theils darauf zu sehen,
daß kein Diebstahl vorfällt, theils bei Annäherung des Winters die
Jurten zu fegen und in wohnlichen Stand zu setzen. So lange das
schöne Wetter dauert, leben sie unter Zelten, die aus Rennthierhäuten
gemacht sind, welche man über Stangen spannt; gegen die Mitte Sep-
tembers aber werden dieselben abgebrochen, die Baidaren mit dem Er-
trage der Arbeit beladen und von Hunden an der Küste hin, nach den
Jurten gezogen, wo die Eskimos sich im Winter aufhalten und mit
Lanzen, Singen, Schmausen belustigen, zu welchen Vergnügungen sie
große Gcsellschastsgemächer haben. Diese Winterstationen erkennt man
stets schon aus der Ferne an den in der Nähe derselben befindlichen
Gerüsten, auf welchen Schlitten, Thranschläuche, Gerippe von Baida-
ren, Fischergeräthe rc. liegen. Beechey traf auf der Strecke vom 64°
30' bis 71° 24' N. Br. der Russischen Nordwestküste 19 Dörfer
der Eskimos an, worunter manche sehr klein waren und nur aus we-
nigen solchen Jurten oder Winterwohnungen bestanden, wie diese, deren
Beschreibung nach Beechey wir eben mitgetheilt haben.
Die für den Lebensunterhalt erforderliche Arbeit ist in diesen
rauhen Gegenden, welche die Eskimos bewohnen, beschwerlicher und
zeitraubender als irgendwo. Der langer als 9 Monate im Jahre fest
gefrorene Boden erzeugt weder Wurzeln noch Kräuter, welche einen
Rahrungsartikel ausmachen können. Zahme Thiere werden, um Kur