1. Bd. 3
- S. 71
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Nördpo larland er.
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einzige, worin Rindvieh und Schafe gehalten werden können. Die
Zahl der Einwohner betragt etwa 6000, worunter nur wenige Danen,
die sich als Missionars oder als Handelsagenten hier befinden; alle
andern aber zum Christenthum bekehrte Eskimos sind. Ihren Ursprung
verdanken diese Kolonien dem Dänischen Geistlichen Hans Egede,
welcher 1686 in Dänemark geboren war und 1707 Prediger zu Dront-
heim in Norwegen wurde. Da er gehört hatte, daß in der Vorzeit
die Norweger und Isländer in Grönland eine Kolonie gegründet und
die christliche Religion dort verbreitet und Kirchen erbauet hatten, daß
aber keine Spuren mehr vorhanden waren, an der Westküste aber Men-
schen lebten, die von allen andern ganz abweichende Sitten und Sprache
hatten: so beunruhigte ihn der Gedanke, daß diese Menschen doch
vielleicht von den alten Kolonisten abstammten und nur durch die lange,
gänzliche Abgeschiedenheit von der übrigen civilisirten Welt verwildert
waren, ja daß wohl das Licht des Christenthums nur aus Mangel an
Lehrern wieder unter ihnen erloschen seyn möchte.- Er faßte daher
den Entschluß, selbst dahin zu gehen, um die armen Menschen zum
wahren Glauben zurückzuführen. Diesen Entschluß führte er auch aus,
legte sein Amt in Drontheim nieder, und ging 1721 mit seiner Frau
und 4 Kindern nach Grönland, indem er von dem damaligen Könige
Friedrich Iv. zum Missionar ernannt wurde. Mit ihm schiffte sich
eine Anzahl Norweger und Danen ein, welche die erste Kolonie am
Baalsflusse errichteten. Egede predigte den Eingebornen unermüdet
das Evangelium, ward so der Gründer der noch vorhandenen Dänischen
Kolonien und lebte 10 Jahre in Grönland, alle seine Zeit und Kräfte
seinem beschwerlichen und mühevollen Berufe widmend. 1736 kehrte
er nach Kopenhagen zurück, wo er ein Jahrgehalt erhielt, um die künf-
tigen Missionare in der Grönländischen Sprache zu unterrichten; sein
ältester Sohn aber bekam seinen Posten in Grönland. Seit dieser
Zeit besteht eine ununterbrochene Verbindung zwischen Grönland und
Dänemark. Doch Hausen im Innern Grönlands auch noch viele Es-
kimos, die nicht wie jene in den Dänischen Kolonien als Christen ge-
tauft sind. Aber auch die getauften Eskimos, welche die kolonisirte
Westküste bewohnen und sich häufig mit den Europäern verehelichen,
haben obgleich die Missionare sich fortwährend bemühen, das religiöse
Gefühl zu wecken und den Geist ihrer Gemeinde zu bilden, doch bis
jetzt nur sehr unvollkommene Begriffe von Gott und lieben das ge-
wöhnte schmutzige Leben in ihren erbärmlichen Hütten eben so sehr wie
die Schweizer ihre Sennhütten auf den Alpen; denn sie können es in
andern Landern vor Heimweh nicht aushalten. Noch neuerlich ward
in Kopenhagen der Versuch gemacht; man ließ ein Paar Grönländer
kommen, und gab sich alle Mühe ihnen das Europäische Leben in rein-
lichen Zimmern und Betten, bei guten Speisen, behaglich und schmack-
haft zu machen. Vergebens. Sie kauerten in ihrer schmierigen Klei-
dung von Rennthicr- und Seehundsfellen auf der Erde, Sopha und