1. Bd. 3
- S. 87
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Nordwestküste.
ist. An den Kriegen nehmen dis Weiber thätigen Antheil. Sie
feuern die Männer nicht nur zur Tapferkeit an, sondern unterstützen
sie selbst im Gefechte. Außer der Raubsucht ist die gewöhnliche Ur-
sache zu Überfallen die Blutrache. Ein Mord kann nur durch einen
andern gesühnt werden. Dabei gilt es aber gleich, ';b der Mörder
selbst fallt, oder einer seiner Verwandten. Das Herkommen fordert
bloß, das für einen Mann wieder ein Mann und für ein ermordetes
Weib ebenfalls ein Weib ermordet werde. Den Weibern liegen die
schwerern Arbeiten ob. Die Männer beschäftigen sich nur mit der
Jagd und dem Bau der Fahrzeuge.
Je reicher ein Kolusche ist, desto mächtiger ist er auch. Cr hat
eine Menge Weiber, wodurch seine Familie zahlreich wird, und kauft
sich noch Sklaven und Sklavinnen, die für ihn fischen und andere Ar-
beiten verrichten müssen und im Kriege mit der Familie zusammen
sein Heer bilden. Diese Sklaven sind Kriegsgefangene und Nachkom-
men derselben. Die Herrschaft über sie ist unbeschränkt und giebt das
Recht über Tod und Leben, welches nicht selten ausgeübt wird. Sonst
wurden auch, wenn der Herr starb, zwei seiner Sklaven mit ihm ver-
brannt oder auf dem Grabe umgebracht, damit es ihm in jenem Leben
nicht an Bedienung fehle, doch soll dics jetzt, seit der Bekanntschaft
mit den Europäern nicht mehr gebräuchlich seyn.
Wir erwähnten bei der Schilderung der Ko loschen, daß der
größte Reichthum derselben in Sreottrrfeum bestche. Die Seeotter,
Meerotter, von welcher die Bewohner der Nordwestküste diese Felle
gewinnen, ist ein Saugethiec, das zu der Gattung der Ottern ge-
hört, von welchen es mehrere Arten, unter andern die in Europäischen
Gewässern lebende gemeine Fischotter, die Sumpsotter oder der Nörz
und andere giebt. Die Ottern überhaupt haben durch Schwimmhäute
verbundene Zehen an den Füßen, unbewegliche Krallen, leben am Was-
ser, schwimmen auch in und unter demselben, können aber nur kurze
Zeit darin aushalten, und nähren sich von Fischen, Krebsen und aller-
lei Schalthieren. Die Seeotter ist noch einmal so groß als die
gemeine Fischotter, laust und schwimmt gut, sieht im Wasser scharf,
auf dem Lande schlecht, und hat ein feines Gehör und einen scharfen
Geruch. Ihr schwarzes, wie Sammet glanzendes Fell liefert das
kostbarste Pelzwerk und steht daher in sehr hohem Preise. Diese Thiere
fanden sich früher in großer Menge von der Beringsinsel an (einer
Insel der Aleuten) bis zur Halbinsel Alaschka und längs der ganzen
Nordwestküste bis zum Polarkreise. Weiter als in diesen Gränzen hat
man sie nicht bemerkt. Den Russen wurde die Seeotter seit der Besitz-
nahme von Kamtschatka und den Spaniern seit der Besitznahme von
Kalifornien bekannt. Die Chinesen, die im Vergleich mit andern Völ-
kern, am meisten die Seeotterselle lieben, lernten dieselben seit Ankunft
von Cooks Schiffen in Canton, im I. 1776 kennen, welche sie von
der Rordwestküste mitgebracht hatten. Die ersten Meerottern wurden