1. Bd. 3
- S. 102
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika
Der physische Charakter der Gestade des Ontario bietet eine große
Mannigfaltigkeit dar, gegen N. O. sind che niedrig und mit sumpfigen
Marschgegenden durchzogen, gegen N. und N. W. nehmen die Ufer
ein kühnes Aussehen an, gegen S. oder gegen das Amerikanische Ge-
biet verflachen sie sich beinahe wieder zu einer Ebene, die sich jedoch im
Hintergründe zu einem Hügelrücken erhebt. Das zunächst an den See
gränzende Land ist reichlich bewaldet und durch die blühenden Ansied-
lungen, auf welche die zahlreichen Öffnungen die Aussicht gestatten,
belebt. Längs der weißen Felsenriffe von Toronto, ist der Anblick un-
gemein malerisch. Viele Flüffe ergießen sich in diesen See, der auf
seinen beiden Seiten mehrere schöne Buchten hat. Die Anzahl der
auf dem Ontariofee fahrenden, sowohl Amerikanischen als Brittifchen
Dampfboote, ist bedeutend. Während des Winters ist der nordöstliche
Theil durchaus gefroren, doch das Übrige frei von Eis, abgerechnet eine
kleine Strecke längs des Ufers. Noch weniger gefriert der Eriefee,
mehr hingegen die nördlichen Theile des Huron und des Michigan;
der Oberste soll bis zu einer Entfernung von 15 M. von seinen Kü-
sten zugefroren seyn. Auf dem Ontario endigt die Schifffahrt mit
dem Oktober; wenn das Eis weich ist, bedient man sich zuweilen der
Eisboote.
Die nordöstliche Spitze des Ontariosees, bei der Canadifchen Stadt
Kingston bildet den sogenannten ,,See der Lausend Inseln",
und hier ist es, wo der Anfang des eigentlichen St. Lorenz beginnt,
der bei feinem Heraustreten aus dem Ontarioste 3 M. breit ist und
von einer beträchtlichen Insel in 2 Arme getheilt wird. Nachher aber
wird der Flu-ß immer schmaler; unterhalb Prescott, das 14 M. von
Kingston entfernt ist, fangen schon die Stromschnellen des St. Lorenz
an und von da bis Montreal ist derselbe nur für Boote, Flöße rc.
und selbst für diese nicht ohne bedeutende Gefahr beschiffbar. Die
schwierigste Stelle ist Long Sault oberhalb Cornwall, unterhalb
welcher Stadt der Fluß sich zum See Francis und dann weiter hin
wieder zum See Saint Louis erweitert. Auch zu Cedars bei la
Chine, in der Nahe von Montreal sind gefährliche Stromschnellen, doch
die Geschicklichkeit der Canadifchen Bootsleute setzt sie in Stand, diese
furchtbare Strömung sicher zu pafsiren. Von Kingston bis Montreal
führt der Strom den Namen Ca tara qui oder Jroquois, von
Montreal an bis zum Meere eigentlich St. Lorenz. Unterhalb
Montreal, nach Aufnahme des Sorel, erweitert der Fluß sich aber-
mals zu einem See, dem Saint Pierre oder St. Peter. Bei
Ouebec wird der Strom durch die ansehnliche, trefflich angebaute und
von 5000 Menschen bewohnte Insel Orleans in 2 Arme getheilt.
Nachdem er sich wieder zu einem Strome vereinigt hat, erweitert er
sich so beträchtlich und die Ufer laufen so weit auseinander, daß das
Auge hier mehr einen Meerbusen als einen Strom zu erkennen glaubt.
Bei dem steilen Vorgebirge Mont Peló beträgt die Breite des Stro-