1. Bd. 3
- S. 187
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Derer nigte Staaten von Nordamerika. 187
erhabenes Werk der Natur, befindet sich in dem Winkel, den der
Einfluß des Nordflusses mit dem Jamesfluß macht, an einem Felsen-
berge, der sich zwischen den North-Mountains und den blauen Bergen,
von jedem eine Deutsche M. entsernt, erhebt. Die Felsenhöhe ist,
vielleicht durch eine gewaltige Erderschütterung, von Grund aus ge-
spalten, so daß die schroffen Wände unten 45, oben 90 F. aus ein-
ander stehen. Beide verbindet oben die natürliche Brücke (Natural-
bridge), welche wieder ganze Felsenberg aus feinkörnigem, blaugrauem
Kalkstein besteht. Nach einigen Messungen ist die Spalte gerade
an der Brücke 270, und nach andern Messungen nur 208 F. tief.
Diese Brücke geht sehr hoch oberhalb des unten durchfließenden Cedar-
Creek schwibbogensörmig, und besieht aus einer einzigen festen Masse
und ist mit der daraus lagernden Erd schickt, aus welcher Cedern und
Weißeichen sich erheben, 49 Fuß dick. Die Brücke bildet ein voll-
kommenes Gewölbe in elliptischer Form, beschreibt aber von Innen
einen größern Vogen als an der glatten Oberfläche. Ihr Vogen hat
eine Lange von 90 F. und die stromabwärts gelegene Sehne *) dessel-
den mißt 54, die entgegengesetzte aber 102 F. Die Breite der Brücke
in der Mitte beträgt 60 F., erweitert sich aber nach beiden Enden zu.
Das Innere des Gewölbes und die senkrechten Seiten sind wahrschein-
lich durch Wasserströmung so geglättet, daß man glauben sollte, sie
wären mit dem Meißel bearbeitet. Dicht neben der Brücke erheben
sich 4 rauhe Kalksäulen oder Kalkselsen, von denen der eine am rech-
ten Ufer des Cedarcreeks 205, der andere am linken Ufer 108 F.
sich erhebt. Diese Brücke bildet eine bequeme Straße über das tiefe
Thal des Cedarcreeks, welches sonst sehr schwer zu passi'ren seyn dürfte.
Ohngefähr £ Stunden von derselben liegt ein Wirthshaus, gleichfalls
Naturalbridge genannt, von wo aus die Fremden ihre Wanderung
zum Besuch dieser Brücke antreten. Auf mehreren Punkten ist die-
selbe mit einer natürlichen Brustwehr großer Felsenstücken versehen,
die sich längs dem Abgrunde hinzieht, so daß man, wie Bromme ver-
sichert, mit der größten Sicherheit nahe an den Rand treten kann.
Aber die andere Seite der Brücke ist nicht auf gleiche Art gesichert;
die Brücke senkt sich hier schräg ab und dieser Theil, der nur mit Le-
bensgefahr betreten werden kann, ist dicht mit Bäumen bewachsen.
Früher war auch der schroffe Theil der Brücke mit Bäumen besetzt,
doch jetzt sind diese niedergehauen und man genießt von hier eine herr-
liche Aussicht auf die sich rings umher erhebenden Bergreihen. Dicht
an der Brücke leitet ein schmaler gekrümmter Fußweg zwischen hohen
Felsen und Bäumen hindurch ins Thal, von wo aus man eine wun-
dervolle Ansicht dieses herrlichen Naturwerks hat. „Es ist unmöglich,
sagt der Herzog Bernhard, die vom Erhabenen kommenden Gemüths-
*) Sehne heißt in der Mathematik die von einem Punkte eines Kreises
bis zum andern gezogene gerade Linie.