1. Bd. 3
- S. 190
1838 -
Eisleben
: Reichardt
- Autor: Cannabich, Johann Günther Friedrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Amerika.
train und Borg ne umgebenden Sümpfe machen im Sommer die
Stadt sehr ungesund, und das gelbe Fieber, das jedoch nicht jedes
Jahr erscheint, hat hier schon oft große Verheerungen angerichtet und
namentlich in den Jahren 1811, 1814, 1819, 1822 und 1829
viele Menschen hinweggerafft. Die gefährlichsten Monate in Hinsicht
des gelben Fiebers sind der August, September und- Oktober, dann
herrscht in der sonst so äußerst' lebhaften Stadt tiefe Grabesstille. Die
Laden sind meistens geschlossen, und man sieht, außer Negern, nie-
manden auf der Straße. Alles ist auf dem Lande oder in den Häu-
sern und nur zuweilen wird diese Ruhe durch das Rasseln eines
Todtenwagens unterbrochen. Mit dem ersten Froste, wenn Regen
daraus folgt, hört die Krankheit auf, und alles kehrt nun wieder zu
den vorigen Geschäften zurück. Überhaupt ist die eigentliche Jahrszeit
für Geschäfte der Winter. Im Sommer geht jeder, dessen Umstande
es-nur einigermaßen erlauben, auf das Land. Nur wer bleiben muß,
bleibt. Daher ist die Bevölkerung von Neu-Orleans im Winter weit
größer als im Sommer, in jener wohl an 100,000, in diesem nur
40 bis 50,000 Individuen. Der Winter besteht aber mehr in Re-
gen, als in Schnee. Letzterer fallt äußerst selten und in einer Vier-
telstunde ist er wieder verschwunden. Der kälteste Winter, den man
seit Jahren erlebt hat, war 1821, in welchem alle Orangenbäume in
den Gärten und auf den Feldern erfroren. Die Sommerhitze fängt
mit dem Junius an drückend zu werden und die Muskitos kommen
dann in ungeheurer Menge. Wo man geht und steht, sind diese
Thiere, nirgends aber zudringlicher, als im Dunkeln. Ihr Stich ist
schmerzlich und verursacht ein unangenehmes Jucken. Zwei dieser
Plagegeister hinter den Bettvorhängen lassen auch den Müdesten nicht
ein Auge zuthun. Ihr Summsen ist unausstehlich. In den neuesten
Zeiten haben sich in Neu-Orleans Gesellschaften mit großen F'onds
in der Absicht gebildet, um die nahen Sümpfe auszutrocknen. Glückt
dieses Unternehmen, so muß der Gesundheitszustand sich bedeutend
dadurch verbessern; denn nicht sowohl die Hitze erzeugt Krankheiten in
Neu-Orleans und namentlich das gelbe Fieber, als vielmehr die tödtli-
chen Ausdünstungen aus den Sümpfen, die einem beinahe den Athem
zurückhalten. Zentnerschwer liegt die Last auf der Brust, und das
Bischen Kraft, das noch vorhanden ist, nehmen die Südwinde weg,
die den Körper vollends erschlaffen.
Den Stamm der Einwohner Neu-Orleans bilden die Nachkommen
der ersten Französischen und Spanischen Ansiedler, die jetzt mit dem
Namen Kreolen bezeichnet werden und den achtbarsten Theil der Be-
völkerung ausmachen; die Mehrzahl aber besteht gegenwärtig aus
Bürgern aller Staaten der Union und aus Einwanderern aller Länder
Europas. Die Farbigen machen -beinahe die Hälfte der Bevölkerung
aus. So verschiedenartig aber auch die Bevölkeruug ist und so
mancherlei widersprechende Züge an ihr erscheinen, so stimmt sie