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1. Bd. 3 - S. 222

1838 - Eisleben : Reichardt
222 Amerika. für ihn vollkommen seyn. Er laßt es sich nicht nehmen, während einer feierlichen Hochmesse, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, ein Feuerwerk abzubrennen, bei welchem die Schüsse den Hauptessekt bilden und von dem Schalle aller Glocken begleitet werden. Dieses Geläute hat aber nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit dem herrlichen Geläute, welches man an so vielen Orten Deutschlands hört. Die Glocke wird hier nicht wie bei uns durch langsames Schwingen mittelst eines Seiles geläutet, sondern der Klöppel wird durch ein an ihm be- festigtes Seil gegen die Glocke geworfen. Religiöse Prozessionen sind häufig; sie ziehen durch alle Straßen, indem viele Bilder der Jung- frau Maria und anderer Heiligen unter beständigem Singen und Beten umhergetragen werden. Vorzüglich giebt es viele dieser Pro- zessionen in der Charwoche; an jedem der letzten Tage derselben wird dabei das Leiden Christi durch vermummte, büßende Personen darge- stellt. Der Heiland, die Jünger, Römische Soldaten rc. alle in den possirlichsten Costümen ziehen dabei mehr zur Ergötzung wie zur Er- bauung des Volks durch die Straßen der Stadt. An einem bestimm- ten Tage des Jahres wird der Heiland oder der Schutzheilige aus benachbarter, Kapelle in großer Prozession nach der Pfarrkirche gebracht, deren Küster die verschlossene Kirchthüre erst nach wiederholtem An- klopsen öffnet, und nachdem ihm in lauten Worten angekündigt ist, daß der Heiland oder der Schutzheilige dieser oder jener Kirche gekom- men sey, um die Pfarrkirche zu besuchen. Für diesen Besuch müssen bedeutende Gebühren erlegt werden. Der Besuchende bleibt einige Zeit in der Kirche und bei feiner Rückkehr nach der eigenen Kapelle werden neue Gebühren bezahlt. Die zahlreichste Volksklasse in Mexico sind die Indianer, deren Zahl aus 4| Millionen geschätzt wird. Sie theilen sich in solche, die seit der Eroberung Mexicos durch die Spanier unter der Herrschaft derselben lebten, und daher Indios Fideles (treue Indianer) ge- nannt wurden, jetzt aber eben so wie die Kreolen und andere Ein- wohner Staatsbürger sind — und in solche, die ihre Unabhängigkeit unter eignen Oberhäuptern behauptet haben und Indios Bravos genannt werden. Jene sind die bei Weitem zahlreichsten, haben sich fast sämmtlich auf dem Plateau von Anahuac und dessen Umgebungen bis zum Rio grande zusammengedrängt und bestehen aus einer Menge Stämme oder Völkerschaften, die sich zwar, was Farbe und einige andere Kennzeichen betrifft, gleichen und einen gemeinschaftlichen Ur- sprung zu haben scheinen, aber doch in Absicht auf Sprache, Tracht, Sitten und Gebräuche gänzlich von einander abweichen. Man kennt nicht weniger als 20 Indianische Sprachen, und viele davon sind nicht bloße Mundarten, sondern so verschieden von einander, als es in Europa z. B. nur immer das Slavische und Deutsche seyn können. Am weitesten verbreitet ist die Aztekische oder Mexicanische, eine der am schwersten auszusprechenden Sprachen der Erde, mit tiefen, rauhen
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